Potsdam-Mittelmark: Geholfen und viel Leid gesehen
Abiturientin Maxie Witt arbeitete sechs Monate in einem Waisenhaus in Ghana
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Michendorf - Maxie Witt ist wieder in Deutschland. Die heute 20-Jährige war im August des vergangenen Jahres nach Ghana aufgebrochen, um dort als Freiwillige sechs Monate im „Charabs Orphenage“, einem privat finanzierten Kinderheim, zu arbeiten: „Ich wollte nach Afrika und nicht gleich vom Abi zur Uni.“ Das Abitur hatte die junge Frau im vergangenen Jahr am Wolkenberg-Gymnasium in Michendorf gemacht. Für die Erfüllung ihres Wunsches musste sie 5000 Euro für Reise und Unterkunft aufbringen. Dafür erhielt sie, wie sie sagt, eine gute Betreuung durch die Organisation, sowohl bei der Ankunft in Accra, der Hauptstadt Ghanas, als auch in Kumasi, der zweitgrößten Stadt und ihrem Reiseziel.
Dort lebte sie in einer Gastfamilie in bescheidenen Verhältnissen. So gab es nur kaltes Wasser – kein Problem für die anpackende junge Frau, der Mangel an Wasser hingegen schon: „Manchmal hatten wir überhaupt kein Wasser, auch über längere Zeiträume nicht.“ In solchen Momenten war Einfallsreichtum gefordert: Mit Hilfe kleiner Wasserplastikbeutel konnte das Nötigste an Hygiene erledigt werden.
Die Lebensbedingungen waren dennoch besser als in dem vor zwei Jahren gegründeten Kinderheim, das konstant unter Geldnot leidet. Von Monat zu Monat sei unklar, ob die Miete aufgetrieben werden kann. Doch im Falle einer Schließung sei nicht klar, was mit den 30 Kindern im Alter zwischen anderthalb und sechzehn Jahren geschieht. Es sind ehemalige Straßenkinder oder Babys, die von ihren Familien abgegeben wurden. Einfach so. Selbst das Essen wird auf dem Markt erbettelt. Leben von der Hand in den Mund, das heißt im Kinderheim: Was morgens auf den Märkten beschafft wurde, wird noch am selben Tag konsumiert. Vorräte gibt es keine, manchmal sogar kein Essen. Jedoch sei der Umgang mit den meist gesunden Kindern anständig gewesen, berichtet Maxie Witt.
Anders hingegen sei die Lage in einem staatlichen Heim gewesen. Dort waren mehr als 130 Kindern zumeist unter erbärmlichen Zuständen untergebracht. Noch jetzt bedrückt es Maxie, wenn sie von einem aidskranken Kind spricht, das der Krankheit wegen isoliert wurde und schließlich gestorben sei. In den zwei Wochen, die sie in diesem Heim verbrachte, habe sie viel Leid gesehen, erzählt Maxie Witt: Vor allem unterernährte Babys, emotional und körperlich verwahrlost, obwohl die staatliche Einrichtung, im Gegensatz zu der privaten, finanziell besser gestellt war. Die aus westlichen Ländern stammenden Freiwilligen seien die einzigen gewesen, die die Kinder von Zeit zu Zeit auf den Arm nahmen und ihnen ansatzweise das Laufen und Sprechen beibrachten.
Die Tatsache, dass sie in Kinderheimen einer bedrückenden Not begegnete, stellt Maxie in einen Zusammenhang mit der merkwürdigen Tatsache, dass Ghana wohl nicht zu den ärmsten Entwicklungsländern zählt: „Ich hätte erwartet, mehr Elend auf der Straße zu sehen.“
Eine bleibende Erinnerung hat Maxie Witt im privaten Kinderheim mit einem besonderen Projekt hinterlassen. Gemeinsam mit einer englischen Kollegin gestaltete sie dort eine kleine Bibliothek, sie renovierten den Raum und bestückten ihn mit Büchern. Dafür konnten sie 500 Euro einsetzen, die mit Hilfe eines Lehrers an ihrer ehemaligen Schule in Michendorf gesammelt wurden.
Auf die Frage, ob es eine gute Idee gewesen sei, die Reise zu unternehmen, lächelt Maxie Witt und sagt ein wenig gedankenverloren: „Ja, ich würde sie in jedem Falle wieder machen.“
Lousia-Maria Giersberg
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