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Von Henry Klix: Geltow ist noch nicht erholsam

Erholungsort-Titel nur für Caputh und Ferch / Bürgermeisterin plant sauberere Bundesstraße

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Schwielowsee - Jetzt ist es amtlich: Caputh und Ferch sind erholsam, Geltow nicht. Schwielowsee bekommt den Titel „Staatlich anerkannter Erholungsort“ nur für zwei seiner Ortsteile zugesprochen – ein Novum im Land Brandenburg mit seinen 16 Erholungsorten. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) will beim Fährfest am 31. Juli die Ernennungsurkunde feierlich an Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) überreichen. Hoppe war bei einer Pressekonferenz gestern im Landhaus Haveltreff noch nicht zum Feiern zumute, denn der Zusammenhalt der Gemeinde wird auf eine harte Probe gestellt: „Wir haben etwas geschafft, was uns keiner zugetraut hat. 100-prozentig glücklich bin ich damit aber nicht.“

Grundlage der Entscheidung ist das Votum eines ministeriellen Fachbeirats, der die Gemeinde zweimal besucht hatte. Es wurde am Mittwoch vom Wirtschaftsminister bestätigt. Geltow wurde die Anerkennung wegen der „hohen Verkehrsbelastung auf der B 1“ verweigert. Die Gemeinde kann den Antrag „um Geltow erweitern“, sobald sie nachgewiesen hat, dass die Lärm- und Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden, wie es in dem Votum heißt. Sie dürfen in Erholungsorten nur 70 bis 80 Prozent des Üblichen betragen. Da es keine Alternative zur Bundesstraße gibt, wird der Gemeinde eine „umweltverträgliche Verkehrssteuerung“ empfohlen.

Vorschläge wie eine grüne Welle und Tempo 30 in der Nacht will Bürgermeisterin Hoppe kurzfristig aufgreifen und hat dazu bereits Gespräche mit dem Landesstraßenbetrieb geführt. Die Bedarfsampeln sollen besser abgestimmt werden, statt des schadstoffintensiven Stopp-and-Go im Berufsverkehr soll der Verkehr gleichmäßig fließen. Mit dem nächtlichen Tempolimit soll es auch deutlich leiser werden. Begleitende Messungen sollen die Verbesserungen dokumentieren.

Hoppe hofft, dass damit in anderthalb Jahren auch Geltow zum erholsamen Trio gehört. Auf lange Sicht könnte die B 1 auch einen lärmmindernden Asphalt bekommen: „Da die Straße stark befahren ist, muss die Decke ohnehin alle paar Jahre erneuert werden.“

Die Bürgermeisterin hatte in der Vergangenheit stets betont, den Titel für alle drei Ortsteile zu wollen. Dass sie die gestutzte Ernennungsurkunde nicht einfach ablehnt, begründete sie gestern mit dem Aufwand: Die Gemeinde hatte den Antrag auf den Titel vor knapp zwei Jahren gestellt und mit der Bewerbung unter anderem ein Tourismuskonzept und ein Klimagutachten vorgelegt. „Wir müssten das komplette Antragsverfahren nochmal führen.“ Hingegen wären mit dem vorliegenden Votum nur „einige „Hausaufgaben zu erledigen“, um Geltow mit ins Boot zu holen.

Mit seinem Votum empfahl der Fachbeirat der Gemeinde auch, an der befristet im Rathaus eingestellten Tourismusbeauftragten festzuhalten. Die Tourismuswirtschaft sei „das wichtigste weiter ausbaufähige Standbein“. Geltow wird dabei – ungeachtet der B 1 – einbezogen: „Die Gemeinde mit ihren drei Ortsteilen besitzt eine hervorragende Naturausstattung, die durch kulturelle Angebote und Qualitäten sowie durch touristisch interessante Ziele ergänzt wird“, heißt es in dem Votum. Gastronomie und Beherbungsstätten seien „in notwendiger Menge und guter Qualität“ vorhanden.

Schwielowsees CDU/FDP-Fraktionschef Heiko Hüller kritisierte gestern, dass bei der Titelvergabe „offenbar verschiedene Maßstäbe gelten“. „Auch Werder liegt an der B 1 und ist trotzdem Erholungsort geworden.“ Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es dazu gestern, dass die Bundesstraße den Erholungswert dort „deutlich weniger“ beeinträchtige. „In Geltow geht die B 1 mitten durch den Ort, in Werder führt sie weit am Zentrum vorbei“, so Ministeriumssprecher Steffen Streu. Politische Gründe für die Entscheidung – etwa die Bürgermeisterwahl am 24. Oktober – würden nicht bestehen, wie er auf Nachfrage betonte. „Dem Votum liegen Kriterien und Messwerte zugrunde. Wir mischen uns nicht in die Kommunalpolitik ein.“

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