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Befall in Geltow. In der Gemeinde sind etwa 2000 Eichen betroffen.

© hkx/Archiv

Potsdam-Mittelmark: Gemeinden planen Großaktion zur Eichenbehandlung Schwielowsee und Michendorf kämpfen gegen den Prozessionsspinner – mit unterschiedlichen Mitteln

Schwielowsee / Michendorf - Es darf nicht zu nass sein, nicht zu windig und die jungen Larven sollten noch nicht ihre gefährlichen Brennhaare ausgebildet haben. Für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners gibt es Ende April / Anfang Mai ein enges Zeitfenster.

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Schwielowsee / Michendorf - Es darf nicht zu nass sein, nicht zu windig und die jungen Larven sollten noch nicht ihre gefährlichen Brennhaare ausgebildet haben. Für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners gibt es Ende April / Anfang Mai ein enges Zeitfenster. Schwielowsee bereitet sich auf eine Aktion vor, wie es sie noch nicht gegeben hat in der Gemeinde: Über 1500 Eichen sollen dann an Straßen, auf Campingplätzen und Friedhöfen mit dem Bakterienpräparat Dipel ES behandelt werden. Hinzu kommen rund 500 Bäume auf Privatgrundstücken.

Das Biozid, von dem das Rathaus 900 Liter beim Land geordert hat, solle mit speziellen Spritzen auf die Bäume „geschossen“ werden, sagte Kerstin Hoppe (CDU) gestern gegenüber den PNN. Der Auftrag an die mit dem Thema bereits vertraute Galabaufirma IKW aus Werder ist erteilt. Man bereite sich auch auf Sprühaktionen in Potsdam, Nuthetal und Berlin-Spandau vor, so IKW-Geschäftsführer Roland Stengel.

Schwielowsee gehört zu den Gemeinden im Land, die am stärksten von dem Nachtfalter betroffen sind. Zwei Wochen werde man zu tun haben – wenn das Wetter mitspielt. „Wir haben uns zwei zusätzliche Anbauspritzen zugelegt. Wahrscheinlich arbeiten wir in zwei Schichten“, so Stengel. IKW werde sich auch mit den über 300 Privatleuten in Verbindung setzen, die den Schädlingsbefall auf ihren Grundstücken beim Rathaus angezeigt haben. Sie werden die Bekämpfung selbst bezahlen müssen.

Bürgermeisterin Hoppe ist froh, dass die Aktion, auf die sich die Gemeinde seit Monaten vorbereitet, für alle in einem Zuge erfolgen kann. Vor allem sei sie dankbar, dass jetzt noch rechtzeitig die Zulassung zum Einsatz des Biozids Dipel ES vom Bundesumweltministerium gekommen ist. „Es wäre uns natürlich lieber gewesen, wenn die Eichen von der Luft aus behandelt werden könnten“, so Hoppe. Die Methode ist deutlich effektiver. Doch dafür gibt es – zumindest an Alleen und in Siedlungsbereichen – weiter keine Genehmigung.

Dipel ES ist nicht ganz harmlos. Unverdünnt kann es bei Kontakt zu Hautreizungen kommen – nichts im Vergleich zu den toxischen Reaktionen, die durch den Prozessionsspinner hervorgerufen werden können, wie es von Fachleuten heißt. Zudem wird Dipel ES vor dem Versprühen stark verdünnt. Gesundheitsgefährdungen sind in verdünnter Form nicht dokumentiert. Aus dem Städte- und Gemeindebund Brandenburg hieß es zuletzt: Selbst wenn keine abschließenden Studien zur Befliegung vorhanden sind, spreche nach einer Abwägung viel für den Einsatz von Dipel ES auch aus der Luft.

Im Bundesumweltministerium sieht man das anders, Hoppe arbeitet mit den Genehmigungen, die da sind. „Es ist gut, dass es überhaupt eine rechtliche Grundlage gibt, um etwas gegen den Eichenprozessionsspinner in den Kommunen zu tun“, sagt sie. 30 000 Euro hat die Gemeinde fürs Erste beiseite gelegt. In der Saison 2012 hatte das Rathaus mit einer Flut von Bürgerbeschwerden zu kämpfen, das Tourismusgewerbe meldete abreisende Gäste. „Manche Tage hatten wir 50 Anrufe“, so Hoppe.

Die feinen Härchen der Schmetterlingsraupe haben Widerhaken und enthalten das Nesselgift Thaumetopoein, das allergische Reaktionen bis zum Asthma auslösen kann, solche Erfahrungen mussten sowohl Einwohner als auch ihre Gäste machen. Die gefräßigen Schädlinge dezimieren zudem seit mehreren Jahren die wertvollen Eichenbestände, deshalb wird zum Beispiel im Fercher Revier schon seit zwei Jahren Dipel ES im Frühjahr mit dem Hubschrauber versprüht, so Oberförster Hubertus Krüger.

Das Mittel schone andere Insekten und sei trotzdem hochwirksam. Für die Forst gab es auch stets die erforderlichen Zulassungen. Neben dem Fercher Revier wird in diesem Jahr der Saarmunder Wald beflogen. Ein rechtliches Problem gibt es trotzdem, auch in den Wäldern: Die Zahnspinner fühlen sich besonders wohl, wo es hell und warm ist, an den Waldrändern also, wo es häufig Straßen und Siedlungen gibt. Zu den Waldkanten muss bei der Befliegung ein Sicherheitsabstand von 35 Metern eingehalten werden. „Wenn wir da nicht hinkommen, wird das Problem zu großen Teilen weiterbestehen“, so Oberförster Krüger.

Währenddessen wird in der Gemeinde Michendorf wie auch in Teltow mit dem Wirkstoff „Neem-Protect“ auf eine Alternative gesetzt. „Der Einsatz dieses Wirkstoffes bringt uns Rechtssicherheit“, sagt Johannes Kästner, Michendorfs Sachbearbeiter für Baumschutz, den PNN. Kästner war am Dienstag bei einem Runden Tisch im Bundesumweltministerium als kommunaler Vertreter geladen. Sein Resümee: „Vieles ist noch unklar“.

Man habe sich zum Beispiel nicht über die Verträglichkeit der verschiedenen Wirkstoffe einigen können. Das habe die Gemeinde bestärkt, das aus dem in Indien beheimateten Neembaum gewonnene Bio-Gift einzusetzen, so Kästner. Die Erfolgsquote liege bei 70 Prozent. Etwa 400 befallene Eichen werden behandelt, unter anderem an der Potsdamer Straße sowie in der Nähe von Schulen, Kitas und Fußballplätzen.

Den Eigentümern von Eichen bietet das Rathaus an, die Dienste der von der Gemeinde beauftragten Firma in Anspruch zu nehmen. Pro Baum fallen etwa 30 Euro an. Noch bis 8. April können Michendorfer die Behandlung beantragen. Die Formulare sind über die Webseite der Gemeinde oder im Rathaus erhältlich.

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