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Gemeinschaftskoch für die WG in Teltow: Karl-Heinz Müller kümmert sich ums leibliche Wohl seiner neun Mitbewohnerinnen.

© Solveig Schuster

Senioren-WG in Teltow: Gemeinsam bis zum Schluss

In Teltow entsteht die zweite Senioren-WG. Für die Bewohner soll es der letzte Wohnort sein. Ein Besuch.

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Teltow - Es gibt Kartoffelpüree und Rührei. Eine volle Schüssel Kartoffeln hat Karl-Heinz Müller dafür schon geschält. Der Rentner ist der einzige Mann unter den zehn Bewohnern der seit zwei Jahren bestehenden Senioren-Wohngemeinschaft im Diakonischen Zentrum Bethesda in Teltow.

Müller fühlt sich für die Versorgung der Damen zuständig, manchmal, so erzählt Betreuungsleiterin Manuela Rose, führt er sie auch zum Spazieren aus. „Schon die zweite Ladung“, sagt der 81-Jährige und gewährt einen Blick in die Schale. Mitbewohnerin Erika Thürmer nickt anerkennend. „Ohne Schürze sieht er noch schöner aus“, scherzt sie. Dann ergreifen die Hände der 91-Jährigen den nebenstehenden Rollator. Es ist viel los heute, die Fußpflegerin wartet schon.

Mit der ambulanten Wohngemeinschaft traf die diakonische Einrichtung offenbar den Nerv der Zeit. Gerade entsteht eine zweite WG, zum September soll sie eröffnen. Der Tagesablauf der zehn Bewohner in Teltows Pionier-WG ist gut strukturiert. Dem gemeinsamen Frühstück folgt die morgendliche Lektüre. In Gemeinschaft werde das Neueste aus der Tageszeitung vorgelesen, sagt Manuela Rose. „Wir versuchen, die Tagesstruktur aus dem Alltag weitestgehend aufrechtzuerhalten, Fähigkeiten zu fördern oder zu aktivieren“, ergänzt Michael Holzhauer, Prokurist der für den ambulanten Dienst zuständigen Medikus gGmbH. Die Gemeinschaft sei Ansporn und hole die Bewohner aus der Isolierung, erklärt er.

Im August 2013 startete die erste ambulant betreute Wohngemeinschaft. Im Obergeschoss der ehemaligen stationären Einrichtung sind auf 300 Quadratmetern Fläche zehn Einzelzimmer mit separater Dusche und Toilette sowie mehreren Gemeinschaftsräumen entstanden. Die Bewohner teilen sich Küche und Wohnraum mit Zugang zum Balkon. Es wird gemeinsam gegessen und gekocht, daneben gibt es verschiedene Angebote. An welchen die Bewohner teilnehmen, entscheidet jeder selbt. Zweimal in der Woche geht es in die Tagespflege im Erdgeschoss. „So halten die Bewohner auch Kontakt zu anderen Menschen“, sagt Rose.

Die Gemeinschaft versuche eine Brücke zu schlagen zwischen der ambulanten Betreuung daheim und der stationären Aufnahme, so Holzhauer. Das Modell sei gefragt, weil es dort anknüpft, wo Angehörige zu Hause überfordert sind. „Eine Betreuung im Heim schreckt viele ab“, weiß Rose. In der WG behalten die Bewohner ihren Rückzugsort, ohne auf Gesellschaft verzichten zu müssen. Fünf bis sechs Mitarbeiter betreuen die zehn Bewohner Tag und Nacht. In der Wohngemeinschaft sollen die Bewohner gemeinsam ihren Lebensabend verbringen, bis ans Ende. „Unser Ziel ist es, dass sie nicht mehr ausziehen müssen“, sagt Rose. Fast die Hälfte der Bewohner ist inzwischen älter als 90 Jahre. Ihr Mobiliar aus der letzten eigenen Wohnung, selbst ihr Geschirr und viele persönliche Dinge haben sie hierher mitgebracht.

Mit der demografischen Entwicklung werde der Bedarf an alternativen Wohnformen in Zukunft noch wachsen, ist Michael Holzhauer überzeugt. „Irgendwann wird die Hälfte der Bevölkerung über 60 Jahre alt sein und Unterstützung oder alltagsentlastender Angebote bedürfen“, glaubt der Prokurist. Pflegedienste und -kassen könnten das nicht mehr leisten.

Im Erdgeschoss des Diakonischen Zentrums entsteht gerade die zweite Senioren-WG. Dort sollen weitere acht Senioren zusammen wohnen. Vier Interessenten für die Zimmer mit Größen von 20 bis 30 Quadratmetern gebe es schon. Die Mitarbeiter würden darauf achten, dass die Harmonie stimmt und es zwischenmenschlich passt. Letztlich sei es aber wie überall: „Sie kümmern sich rührend umeinander, aber mitunter gibt es Gezicke“, so Roses Erfahrung aus der ersten WG.

Rund 350 Euro Warmmiete müssen die Rentner für ihr Zimmer zahlen. Noch einmal 150 Euro fallen für die Haushaltskasse, 450 Euro für die Nachtbetreuung an. Eine Pflegestufe ist kein Muss, „aber durchaus angebracht“, sagt Manuela Rose. Die Pflege- und Betreuungsleistungen werden über die Pflege- und Krankenkasse finanziert. Für Bewohner, die noch keine Pflegesstufe haben, erhöhe sich daher der Eigenanteil.

Die Bewohner der neuen WG erwartet statt des Balkons ein eigener Garten. Dort sollen die Senioren einmal das selbst angepflanzte Obst und Gemüse ernten, „ungestört die Jahreszeiten erleben“, wie Holzhauer sagt. Gerade auch für Menschen mit Demenz könne dieser geschützte Bereich eine Oase sein.

Am 13. August können sich Besucher von 18 bis 19 Uhr im Diakonischen Zentrum Bethesda, Mahlower Chaussee 148, über die neu entstehende Senioren-WG informieren. Anmeldung unter Tel. (03328) 434 06 30 oder ds-teltow@lafim.de

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