Potsdam-Mittelmark: Geometrie der Würdigung
Italienische Regierung beauftragt Neugestaltung der Soldatengräber auf Südwestkirchhof in Stahnsdorf
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Italienische Regierung beauftragt Neugestaltung der Soldatengräber auf Südwestkirchhof in Stahnsdorf Von Kirsten Graulich Stahnsdorf – Ehrengräber für italienische Soldaten gibt es nicht nur in Europa, sondern auch in Asien und Afrika. Um diese Grabplätze kümmert sich eine gesonderte Behörde, die dem Verteidigungsministerium Italiens untersteht. Einige Mitarbeiter dieses Amtes besuchten im vergangenen Jahr auch den Südwestkirchhof Stahnsdorf, um den „Cimitero Militare Italiano“ in Augenschein zu nehmen, auf dem 1956 italienische Soldaten begraben wurden, die im Ersten Weltkrieg in deutscher Kriegsgefangenschaft starben. Nach ihrem Besuch beschloss die italienische Abordnung: „Da muss etwas geschehen, der Ehrenfriedhof braucht eine neue Gestaltung.“ Denn gerade einmal 23 weiße Kreuze stehen auf der etwa ein Hektar großen Wiesenfläche, in deren Mitte sich ein Hügel erhebt, auf dem ein Obelisk mit Sternenspitze aufragt. Noch vor 1961 bot sich Besuchern ein ganz anderes Bild. Da reihten sich ringsum auf der Wiese weiße steinerne Kissenplatten aneinander, auf denen die Namen der Toten standen. Doch die Steine wurden nach dem Mauerbau nach Zehlendorf zum dortigen italienischen Ehrenfriedhof transportiert. Anlass war der Pflegeaufwand, denn statt der bisher 100 Mitarbeiter waren nach 1961 nur noch rund 30 auf dem Südwestkirchhof beschäftigt. Da zwischen den Steinen oft nur mit dem Handrasenschneider gearbeitet werden konnte war das mit so wenig Leuten nicht mehr zu schaffen. Anders bei den Briten auf dem Südwestkirchhof, zu deren Tradition es gehört, die Soldatenfriedhöfe von eigens dafür angestelltem Personal pflegen zu lassen. Für das Stahnsdorfer Areal, dass die Stadt Berlin 1926 dem Königreich Italien per Vertrag zur Nutzung gab, stellte gestern Architekt Maurizio Nieri die neuen Gestaltungspläne vor. Der Italiener, der in Berlin lebt und bereits einige Bauprojekte für die Botschaft seines Landes entwickelte, beschäftigte sich erstmals mit der Anlage eines Ehrenfriedhofes. Bei seinem ersten Besuch sei er mehrere Male um den Erdhügel herumgelaufen, erzählte er gestern, weil ihn die Frage nicht losließ, woher der Hügel in diese flache Landschaft kommt? Dann wurde ihm klar, dass es der Erdaushub für die Gräber war. Dieser erhöhte Bereich wird deshalb auch bei seiner Gestaltung Mittelpunkt sein, allerdings wird der Hügel nun zu einem Quader modelliert, den zu ebener Erde nochmals ein Kreis umfassen soll. Diese Gestaltungsgeometrie basiere auf mehreren Symbolen, erklärte der Architekt. So stehe der Kreis für himmlische Ideale ebenso wie für die Utopie vom Idealstaat und das Quadrat entspreche dem Sinnbild für das Militär. Strahlenförmig werden dazu ab Kreisrand die Reihen der Grabsteine angeordnet. Statt der Steine wollte der Architekt ursprünglich Marmorplatten auf Metallstelen installieren. Die Höhe dieser Platten sollte dem Niveau des Hügels entsprechen, auf dem die hochrangigen Offiziere beerdigt wurden. Doch solche schwebenden Steine trafen nicht den Geschmack des Verteidigungsministeriums in Rom. Zugestimmt wurde dagegen, dass an jedem Reihenende eine Pappel gepflanzt wird, die so zugleich die Grundstücksgrenzen säumen. Zypressen wären den Italienern zwar lieber gewesen, aber die vertragen deutsches Klima nicht. Nur zwei Buchen am Eingang des Soldatenfriedhofes werden bleiben. Die meisten Bäume, die zurzeit auf dem Gelände stehen, sind Kiefern, die rund 110 Jahre alt sind und damit ihr Lebensalter erreicht haben, betonte Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt gestern. Erhalten bleibe dagegen das ökologische Gleichgewicht von Moos, Flechten und Gräsern, weil auf englischen Rasen verzichtet werde. Die Baukosten für das Vorhaben werden auf 220000 Euro geschätzt und von der italienischen Botschaft übernommen. Anfang nächsten Jahres wird eine regionale Ausschreibung der Bauarbeiten erfolgen, die Oktober 2006 beendet sein sollen. Denn am 4.November ist der italienische Gedenktag für die toten Soldaten aus beiden Weltkriegen.
Kirsten Graulich
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