KulTOUR: Geschrieben fast wie gedruckt
Sechstes Teltower Heimatmagazin mit Geschichte, Promis und Schnurren
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Teltow – Nächstes Jahr steht das Teltower Land, also „der Teltow“, im Glanz mehrerer Jubiläen. Vor 175 Jahren sauste das erste Dampfross auf dem Weg von Potsdam nach Berlin durch diese historische Landschaft, vor 100 Jahren nahm der Bahnhof Nowawes-Babelsberg seinen Betrieb auf, vor 200 kam rund um Großbeeren herum der Anbau von Teltower Rübchen wieder in Gang. Dort, wo nach seinem alten Namen Jutrogost ohnehin immer die Sonne aufgeht, wird das 750. Wiegenfest gefeiert, in Gütergötz / Güterfelde. Anlässe genug, dem Heimatmagazin „Das Teltower Land“ auch im sechsten Jahr seines Bestehens Material in Hülle und Fülle zu liefern – Bewahrtes und Bewahrenswertes, Vergessenes und Wiedergefundenes, Neues und Unerhörtes.
36 Themen haben der Einmann-Verleger Guido Zenkert und seine Mitforscher dieses Mal zum Lesen und Neuentdecken zusammengetragen, und wieder ist ein wunderbares Lese-Buch daraus geworden. Großereignisse und Kleinereignisse also wieder in Fülle auf dem Teltow zwischen Wietstock und Zehlendorf, Saarmund und Ruhlsdorf, Teltow und Nowawes: der rätselhafte Fund einer Römermünze, die wiederentdeckte Messstrecke zwischen dem Stern und Nudow, behufs derer Alfred Wegner schon1913 die kontinentalen Verschiebungen nachweisen wollte – eine Sensation vor Ort!
Markenzeichen dieser kleinen Broschur sind nicht nur Gediegenheit und gute Lesbarkeit, sondern auch ihre Mischung. Für jeden Gustus ist etwas dabei: Geschichte und Gegenwart, Industrie und Soziales, Künste und Promis, Schnurren oder einfach nur Menschengeschichten, wie die traurige Mär von der bettelarmen Harfen-Jule, 1911 in Berlin verstorben. Die ollen Preußen haben da aus naheliegenden Gründen wohl etwas Vorfahrt, man liest von Napoleons Soldaten in Teltow, von der massenhaften Umbettung altpreußischer Staatsträger von der Berliner Garnisonkirche auf den Stahnsdorfer Südwestfriedhof, über das Gefecht bei Wietstock 1813 und die furchtbaren Plünderungen und Brandschatzungen der Franzosen in der Umgebung.
Wer es weniger aufregend mag, kann ganz in Frieden nachlesen, worauf zugezogene Kolonisten in Preußen einst „den Treueeid“ zu schwören hatten. Aus Stahnsdorf sind Seelsorge und Psychiatrie im „Asyl Schweizerhof“", die letzten Neuigkeiten vom alten „Stahnsdorf-Express“ und ein Bauprojekt zu vermelden, mit dem ein Berliner Architekt nach Weltkrieg I die Not der Berliner lindern wollte – durch die Anlage einer „Gartenstadt“ nämlich! Schön, dass jetzt auch Nowawes wieder dem „Teltower Land“ zugeordnet wird. Hier wurde übrigens 1900 die Schuhfabrik „Salamander“ gegründet. Ihr Erfolgsrezept: Schuhwerk für jedermann zum Einheitspreis von Zwölffuffzich!
Mehr oder weniger schnurrig ist die Geschichte eines deutschen Landsers, der auf dem sowjetischen Friedhof in Kleinmachnow begraben liegt. Oder wie es kam, dass ein ganzer Sprengel viel Geld sammelte, um dem Gröbener Pfarrer Lembke „eine Maschine zum Schreiben“ zu schenken, denn seine „Sauklaue“ konnte wahrlich kein Schwein lesen! Fortan waren seine Aushänge „geschrieben fast wie gedruckt“!
Jedes Heft eine Lesefreude, auch als Geschenk sehr geeignet. Und natürlich zum Sammeln. Mit jedem Jahrgang kehrt ja ein kleines Stück Heimat in den weltbürgernden Leser zurück. Gerold Paul
Heimatmagazin 2013 „Das Teltower Land“, Ein Lesebuch. Zenkert Verl., 12 Euro
Gerold Paul
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