Potsdam-Mittelmark: Gesund in die Schule, dick wieder raus
94 Prozent der Kinder sind reif für die Schule
Stand:
Potsdam-Mittelmark – Mittelmarks Kinder sind reif für die Grundschule. Nach der obligatorischen Schuleingangsuntersuchung wurde 94 Prozent der Vier- und Fünfjährigen im Kreis der Schulbesuch im vergangenen Jahr empfohlen. Sechs Prozent der Kinder zeigten indes Auffälligkeiten im sprachlichen oder motorischen Bereich – rund zwei Prozent mehr als noch 2006. Zunehmend hätten die Kinder mit Reizstörungen wie dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom zu kämpfen oder litten an chronischen Erkrankungen wie Asthma oder Diabetes. Deren Behandlung könne ein Schulbesuch verzögern, hieß es gestern in Teltow bei der Vorstellung der Ergebnisse der Einschuluntersuchungen des Kreises. Besonders interessant: Gesunde Ernährung spielt bei kleinen Kindern eine große Rolle, später werde sie jedoch oft vernachlässigt.
Lediglich bei 1,9 Prozent aller untersuchten Kinder stellten die Ärzte um Mittelmarks Amtsärztin Johanna Aulich eine krankhafte Fettleibigkeit fest. Ein fast zu vernachlässigender Wert, der in den vergangenen vier Jahren stetig gesunken sei, erklärte Aulich. Umso erstaunlicher: Nach zehn Jahren Schulunterricht liege die Quote bei den Schulabgängern im Kreis bei 8,5 Prozent. Das sei zwar immer noch weniger als der Bundesschnitt mit 10 Prozent, dennoch eine deutliche Erhöhung, warnte die Medizinerin.
Das Problem dabei: Medizinische Pflichtuntersuchungen während der Schulzeit gibt es nicht mehr. Die Ärzte können die Diagnose erst stellen, wenn es meist schon zu spät ist. Die Untersuchung nach der 6. Klasse ist weggefallen. Ein Arztbesuch steht erst in der 10. Klasse wieder auf der Tagesordnung. Für Edisa Bajramovic-Brennförder ist klar: Die Früherkennung wird dabei vernachlässigt. Die Ärztin untersucht Kinder in Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Für sie sind die jährlichen Untersuchungen im Kindergarten sinnvoll. Auch während der Schulzeit sollten sie regelmäßig stattfinden. Viele Krankheiten oder Entwicklungsstörungen könnten im Ansatz jetzt nicht mehr erkannt und behandelt werden, kritisierte sie.
Im vergangenen Jahr wurden im Landkreis insgesamt 1995 Einschultests durchgeführt. Die ärztlichen Untersuchungen sind Pflicht und dienen neben der Eignungsprüfung auch der gesundheitlichen Vorsorge. So werden kleine Männer bei der Ganzkörperuntersuchung zum Beispiel auf Hodenhochstand oder eine verklebte Vorhaut untersucht. Auch auf blaue Flecke, Zeichen von Misshandlungen oder Unterernährung achten die Mediziner, sagte Amtsärztin Aulich. Im Landkreis seien keine solcher Fälle bekannt geworden. Im Gegenteil: Gerade im Bereich des Berliner Speckgürtels entwickelten sich die Kinder hervorragend und gingen meist fit in die Schule. Rund um Teltow lag die Rückstellungsquote mit vier Prozent nochmals niedriger als im Kreis mit sechs Prozent. Die Möglichkeiten und Angebote der schulischen Frühförderung seien in der Region besonders groß, erklärte Bajramovic-Brennförder die vor Ort die Tests durchführt. Die Eltern seien sensibilisiert und bemüht ihr Kind zu fördern.
Generell hätten die Einschulungstests von früher ausgedient: Zwar werde immer noch das Hüpfen und Stehen auf einem Bein kontrolliert, darüber hinaus werde aber in schwierigen Fällen ein Kinder-Psychologe zu Rate gezogen. Auch auf gute Aussprache und Grammatik wird mehr Wert gelegt: Schrank, Socke, Flugzeug, Brezel – einfache Worte, aber für einige Kinder noch zu schwer.
Tobias Reichelt
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: