
© Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark: Getreideernte fällt ins Wasser
Erträge erreichen neuen Tiefstand. Mittelmärkische Bauern fordern Wassermanagement vom Land
Stand:
Potsdam-Mittelmark - Es ist wieder eine Zitterpartie geworden: In Anbetracht des regnerischen Wetters müssen die mittelmärkischen Landwirte am Feldrand lauern, um in trockenen Stunden ihr Getreide vom Halm zu holen oder Stroh zu pressen. Doch selbst wenn die Sonne scheint, kommt längst nicht jeder zum Zug: Viele Flächen zwischen Havelland und Fläming stehen seit Wochen dauerhaft unter Wasser, die Erntemaschinen drohen zu versacken. Die Agro Saarmund setzt zurzeit einen Mähdrescher mit Kettenantrieb ein, um die restliche Ernte einzubringen. Trotzdem sind die Körner klein und klamm und müssen aufwendig getrocknet werden. „Es ist die schlechteste Ernte in der 20-jährigen Geschichte unseres Betriebes“, sagt Geschäftsführer Uwe Naujoks. Er rechnet mit finanziellen Schäden in Höhe von 300 000 Euro – und ist damit keine Ausnahme im Landkreis.
Schon von den Erträgen her ist die Getreideernte in Potsdam-Mittelmark in diesem Jahr buchstäblich ins Wasser gefallen: Beim Roggen – dem Hauptanbauprodukt in der Region – liegt die geerntete Menge pro Hektar im Durchschnitt bei gut 23 Dezitonnen, wie der Kreisbauernverband (KBV) ermittelt hat. Im vergangenen Jahr waren es noch 29. Bei der Gerste sind es gut 34 Dezitonnen und damit 15 weniger als im vergangenen Jahr. Und von den 33 Dezitonnen Raps, die es 2010 noch zu ernten gab, wird dieses Jahr wohl nur noch die Hälfte eingebracht werden.
Der Negativ-Trend macht sich schon seit Jahren bemerkbar, nun ist ein neuer Tiefpunkt erreicht. Das Problem sind die extremen Witterungsbedingungen: Die Hitze im Frühsommer lässt das Getreide inmmer schneller – und damit schlechter – reifen. Und wenn im Juli der große Regen hereinbricht, lässt sich nur im Stundentakt arbeiten. Die Qualität des Getreides ist zudem so schlecht, dass es allenfalls noch an die Tiere verfüttert oder zu Biodiesel verarbeitet werden kann. „Brotgetreide haben wir kaum noch“, sagte KBV-Geschäftsführerin Silvia Wernitz gestern gegenüber den PNN.
Der KBV fordert jetzt von der Landesregierung, auf die regelmäßig wiederkehrenden Wetterkapriolen zu reagieren. Konkret geht es den Landwirten um ein besseres Management der Graben- und Flussnetze. Würden die besser bewirtschaftet werden, so die Bauern, könnte das Wasser schneller abfließen. Verantwortlich sind die Wasser- und Bodenverbände, die seien finanziell jedoch nicht immer ausreichend ausgestattet, weiß Silvia Wernitz. Abhilfe muss notfalls mit Geld vom Land geschaffen werden. Zudem müssten die rechtlichen Vorgaben „aufgeweicht“ werden. So sind zum Beispiel Mäh- und Baggerarbeiten im Moment an einen konkreten Zeitplan gebunden und nicht das ganze Jahr über möglich.
Ein weiteres Problem liegt in den Zuständigkeiten: Viele Wehre und Staustufen werden gar nicht von den Verbänden bedient und instand gehalten, sondern von den Bauern, auf deren Land sie sich befinden. „Jeder reguliert das Wasser, so gut er kann“, sagt zum Beispiel der Zauchwitzer Landwirt Karl-Ludwig Syring. Unter Flurstücksnachbarn birgt diese Praxis durchaus Konfliktpotenzial – ein übergeordnetes Management wäre deshalb wünschenswert, meint er.
Der Wasserhaushalt in der Mark ist zurzeit ebenfalls ein Thema auf Landesebene – wenn auch mit anderen Ansätzen. Die Linke hat vor Kurzem ein Konzept zum Moorschutz gefordert, um hiesige Feuchtgebiete als natürliche Wasser- und CO2-Speicher zu nutzen. In Potsdam-Mittelmark ist man da schon weiter: Der Beelitzer Landwirt Jürgen Frenzel hat gerade erst zusammen mit der Flächenagentur Brandenburg 16 Hektar ehemalige Wiese im Nieplitzbogen renaturiert, auch für die „Ungeheuerwiesen“ westlich der Nuthe wird jetzt ein Konzept zur Wiedervernässung entwickelt. „Es kann eine Chance sein, aber es muss fundiert und mit allen abgestimmt sein“, so Silvia Wernitz. Eine gute Wasserregulierung müsse auch umgekehrt funktionieren – wenn es trocken ist. Durch die Wiedervernässung gehen erst einmal Acker- und Grünflächen verloren. Und sogenannte FFH-Schutzgebiete gebe es hierzulande schon viele, sagt die KBV-Chefin. Ihr Wunsch: Weniger Umwelt- und mehr Landwirtschaftspolitik.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: