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Potsdam-Mittelmark: Giganten aus Italien
Samstag wird in Werder die dickste Tomate gesucht / Walter Kassin ist für den Wettbewerb gut gerüstet
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Werder (Havel) - Man stelle sich vor: Auf dem Markt liegt eine einzige Tomate in der Tüte, obwohl man ein Kilo verlangt hat. Würde Walter Kassin seine Fleischtomaten verkaufen, könnte das öfter passieren. Die Früchte an seinen mit Kanthölzern gestützten Pflanzen erinnern an Kürbisse. Kassin verkauft sie nicht. Er verkocht und weckt sie mit mediterranen Kräutern zu bester Tomatensoße ein.
Der 67-jährige Obstbaumeister ist in Werder als Karnevals-Ikone und als Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins bekannt. Er hat auch als langjähriger Marketingchef des Rathauses niemals aufgehört zu gärtnern. Wo immer es um das Thema Obstbau geht, ist Kassin dabei. Auch am nächsten Samstag, wenn auf dem B 1-Frischemarkt am Strengfeld „Werders dickste Tomate“ gekürt wird.
Kassin nimmt für sich in Anspruch, sich damit auszukennen. Seine Meisterarbeit war 1970 der Einführung der Tomaten-Großproduktion in Werder gewidmet. Damals ging es um die Plantagengröße: Seine Freilandanlage bei der GPG Obstproduktion maß satte 20 Hektar. Abstände, Beregnung, Düngung und Ernte – alles musste durchüberlegt sein.
Das Gärtchen hinter seinem Haus ist deutlich kleiner, dafür haben es die Tomaten in sich, in allen denkbaren Formen und Größen. Dann gibt es da die Fleischtomaten, gezüchtet aus dem Samen einer gigantischen Frucht, die sein Vater vor acht Jahren aus Italien mitgebracht hat: „Pomodoro gigante senza semi“. Kassin ist selbst zweimal im Jahr bei Verwandten in Italien, seine Mutter ist Italienerin. Dass seine Wurzeln etwas mit seinem Faible für Tomaten, Kräuter und italienische Küche zu tun hat, will er nicht ausschließen.
Mit seinem inzwischen 92-jährigen Vater ist er in einen Wettbewerb getreten: Wer schafft die größere Tomate? Das gipfelte im vergangenen Jahr, einem der besten Tomatenjahre seit Langem, in einer 1,6 Kilogramm schweren, üppigsten Frucht. Pferdemist und Blaukorn lauten Kassins Tipps für solche Erfolge, ganz ohne Spritzen gehe es nicht. Ob die Pflanzen von oben oder unten gegossen werden, sei nicht so wichtig. „Aber vormittags gießen, über Nacht sollten die Pflanzen trocken sein.“ Auch wenn 2012 nicht so ein tolles Tomatenjahr ist und Kassins Früchte keine Dreipfünder mehr werden, dürfte er am Samstag zu den Favoriten des von Obstbauer Jürgen Deutscher ausgelobten Wettbewerbs gehören.
Jürgen Deutscher ist selbst erfahrener Tomatenzüchter, eine Tonne verkauft er pro Jahr. Ab 9 Uhr können die marktfähigen Früchte an seinem Stand abgegeben werden, auch Nicht-Werderaner sind eingeladen, 12 Uhr wird der Sieger gekürt. Es lockt ein Hauptgewinn von 100 Euro und ein Pokal – der im nächsten Jahr verteidigt werden muss. Die Idee dahinter: Mehr Kunden auf den Frischemarkt zu locken. Da ist Walter Kassin dabei. Henry Klix
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