
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Glückwunsch an eine alte Dame
Die Geltower Kirchengemeinde feierte am Samstag den 125. Geburtstag ihres Gotteshauses
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Schwielowsee - Wer Ende des 19. Jahrhunderts ganze zwei Tage vor Heiligabend heiratete, der hatte womöglich allen Grund dafür – süße Geheimnisse verlangten zuweilen nach schnellen Entschlüssen. Auch für die Weihe einer Kirche bedurfte es sicher eines besonderen Grundes, um diesen feierlichen Akt wenige Tage vor dem Fest der Geburt des Herrn zu vollziehen. Wenn der Tag der Einweihung dazu noch auf einen Donnerstag gelegt wurde, dann muss das Ganze irgendwie eine eilige Sache gewesen sein.
So geschehen mit der Kirche von Geltow: Am 22. Dezember 1887 – einem Donnerstag – wurde das Gotteshaus in Sichtweite der Baumgartenbrücke eingeweiht. Jenes feierlichen Ereignisses vor nunmehr 125 Jahren gedachte die heutige Geltower Kirchengemeinde am vergangenen Samstag mit einem Festgottesdienst. „Herzlichen Glückwunsch, so möchte man der alten Dame Kirche sagen“, rief Generalsuperintendentin Heilgard Asmus am Samstag den Gottesdienstbesuchern und wohl auch ein bisschen dem Gotteshaus selbst zu. Asmus hatte allen Grund zur Freude, denn die steinerne Jubilarin ist heute in einem guten Zustand, nachdem sie bis zum Jahre 2005 umfangreich saniert wurde.
Der neogotische Ziegelbau, 1887 nach Plänen des Kreisbauinspektors Emil Gette und nach Ideen von Kronprinz Friedrich Wilhelm errichtet, scheint den jeweiligen Pfarrern über Jahrzehnte hinweg immer eine gute Heimstatt gewesen zu sein. „Wir haben hier in Geltow in 96 Jahren nur drei Pfarrer verbraucht“, sagte am Samstag der emiritierte Pastor Ulrich Heilmann. Von 1957 bis 1988 wirkte er in Geltow und ist damit selbst einer der drei von ihm angesprochenen Pfarrer mit Durchhaltevermögen.
Viele Gottesdienstbesucher schmunzelten am Samstag, als Heilmann den Altersunterschied zwischen sich und der Jubilarin vorrechnete: „Die ist bloß 36 Jahre älter als ich“, erklärte der fast 89-Jährige. Er habe in seiner Amtszeit, während der er in Caputh wohnte – auch in der dortigen Gemeinde war er als Pfarrer tätig –, in Geltow eigentlich immer nur die Hälfte der anfallenden Arbeit bewältigen können. Die andere Hälfte habe die Tochter seines Amtsvorgängers Nikolaus Heinken erledigt. Jene vor wenigen Jahren verstorbene Christa Mummelthey, die auch als Organistin ihren Dienst in Geltow versah, sei für die Gemeindeglieder stets eine wichtige Bezugsperson gewesen.
Pfarrer Martin Kwaschik erinnerte in seiner Predigt an das Bibelwort aus dem 1. Korintherbrief, das der Predigttext im Gottesdienst zur Grundsteinlegung gewesen sei: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Der irdische (Bau-)Grund für die Kirche hatte Kwaschik zufolge hingegen so seine Tücken. Man habe den Bodenverhältnissen damals nicht ausreichend Rechnung getragen, weshalb sich bald Risse im Kirchengemäuer gezeigt hätten.
Doch was hat es nun mit dem seltsamen Einweihungstermin auf sich? Für die Geltower Patronatskirche des Kaiserhauses, die einen maroden Fachwerkbau ersetzen sollte, hatte Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere „99-Tage-Kaiser“ Friedrich III., Interesse gezeigt und Anregungen für deren Gestaltung gegeben. Die Einweihung musste dann aber mehrfach verschoben werden, da der Kronprinz zu dieser Zeit bereits schwer an Kehlkopfkrebs erkrankt war, aber bei der Weihe freilich zugegen sein sollte. Schließlich ordnete er an, das Gotteshaus möge ohne ihn eingeweiht werden – damit die Geltower zu Weihnachten 1887 in ihre neue Kirche gehen könnten.
Bis heute haben die Hohenzollern „ihre“ Geltower Kirche nicht vergessen: Zum Festgottesdienst am Samstag erschien mit Franz-Friedrich Prinz von Preußen einer der Ururenkel des ideengebenden Kaisers.
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