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Von Gerold Paul: „Gott erhalte mein kindliches Gemüt !“

Als Komponist, Autor und Schankwirt ist Peter Weymann in Werder schon bekannt. Jetzt malt er auch

Stand:

Werder (Havel) - „Mein Name ist Peter-Joseph Weymann, 54 Jahre, Beruf Künstler.“ So stellt sich der Musiker, Maler, Komponist, Buchautor, Schankwirt im Museumsstübchen „Kuddeldaddeldu“ und Miteigner des „Havelwunders“ im Internet vor. In Nordhorn geboren, im westfälischen Rhede aufgewachsen, hat er es bis ans Ufer der Insel Werder geschafft. Die schnucklige kleine Schifferkneipe kennt man, seine Lieder hat man gehört, nun macht er ernst mit seinem Schwur, im 54. Jahr auch als Maler an die Öffentlichkeit zu treten.

Es sollen zwar schon etliche Bilder von ihm „in der Welt“ sein, was aber in seiner kleinen Atelierwohnung Pfarrgartenstraße schlummert, haben bisher nur wenige gesehen. Im „Kunstgeschoss“, Werders Stadtdgalerie, bekam man jüngst schon mal einen Vorgeschmack von seiner eigenwilligen Ästhetik. Boh! Sagt er, und setzt sich, nachdem er das nächste Großformat aufgestellt hat. Boh! Und staunt wie ein Kind. „Vollkommen! Ich kann nichts dafür, ich weiß nicht, wer mir die Hand beim Malen führt!“

Um Sieben aufstehen, eine Stunde zum Fithalten Radeln, tags der Gaststättenbetrieb, danach Malen bis früh um viere. „Es muss raus“, sagt er, „ich habe noch mindestens zehntausend Bilder im Kopf!“, und holt schon sein nächstes, keines länger als zwei Tage gemalt. Er spricht mit dem Bild, dieses sagt irgendwann „stopp“, das heißt „fertig“. So geht das tagein, tagaus.

Keine Frage, Peter Weymann (der Joseph ist vom Onkel vererbt) hat zwar schon immer gemalt, nun aber ist er davon besessen. Was sind das für Augen, welche so seltsame Bilder sehen, was für ein Geist, dies auch zu visualisieren? Viele sind ohne Titel, andere haben so lange, dass man sie gar nicht aufschreiben kann, eines zum Beispiel zeigt einen polychromen Farbknäuel, darin sich die Politiker Beck und Lafontaine verbergen. Sie mögen ins Schwarz des Universums verschwinden, Menschen nicht länger belästigen. Anderes bezieht sich auf die Olympiade in China, auf Tagesereignisse. Gut, nur sieht man davon vorerst nichts. Man sieht nur eine vibrierende Konglomeration extrem vieler Farben vor unifarbenem oder lebhaftem Hintergrund. So malt nirgends ein zweiter. Gelegentlich erinnert diese Technik an bunte Vexierbilder. Alle leuchten, denn „Farbe ist Energie“.

Der Pfeifenraucher Weymann möchte nichts, als anderen damit Freude und Fröhlichkeit zu vermitteln. Er hasst das förmliche Sie, verbannt „alles Negative“ von den Bildern. Sie leben, sie sind sehr dramatisch. Die Unmöglichkeit, ihnen mit Worten beizukommen, ist der Adels pass dieser Kunst. Manchmal quellen die Acrylfarben rein und gemischt wie über das randlose Bild, oder eine immer neu erfasste Erde gibt den Horizont. Einige Kleinformate „nur aus Farbe“ mit breitem Passepartout zeigen, wie ein Rahmen alles verändert.

Er hat auch nichts dagegen, ein Bild mal umzudrehen – was vollkommen ist, ist“s auch beim Kopfstand. Boh! Wieder eins. Wasser und Luft sind des astrologischen Fisches Lebenselixier, die Orte: Himmel, Erde, Innen. Zeit gibt es nicht, nur Farbe, fremdartig Leuchten und Glühen, seltsame Formen.

Wie wurde man im Atelier doch gleich begrüßt? „Willkommen in meiner Seele!“ Was da also raus muss, möchte nach Potsdam. Eine Galerie-Ausstellung ist überfällig im 54. Jahr, am liebsten bei Sperl. Mit „Gott erhalte mein kindliches Gemüt“ endet seine kurze Vita im Net. Das Unbegreifliche, Schöne im Atelier aber wirkt längst live und „mit untertänigster Detonation“ lange noch nach.

Gerold Paul

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