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Schwerlastverkehr im idyllischen Havelort: Mit der ländlichen Ruhe ist es in Phöben vorbei.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: „Grenze überschritten“

Phöbener vom Lkw-Lärm genervt / Weit über 100 Laster donnern seit August täglich zur Deponie Deetz

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Werder (Havel) - Mit der ländlichen Ruhe ist es in Phöben vorbei: Täglich weit über 100 Laster donnern von der Autobahnabfahrt durch den Ort. „Vorher war der Verkehr auf der Landesstraße noch auszuhalten“, sagt Anwohner Henning Heese. Doch seit einem halben Jahr kämen die Phöbener kaum noch zum Durchatmen. Einige der Sattelschlepper würden auch noch das Tempo überschreiten und die Fußgängerinsel an der falschen Seite umfahren, um schneller durchzukommen, sagt Heese.

Im Ort werden bereits Unterschriften gegen den Lärmverursacher gesammelt – die „Märkische Entsorgungsanlagen Betriebsgesellschaft GmbH“ in Potsdam (Meab), ein Tochterunterehmen der Länder Berlin und Brandenburg, das rund um Potsdam drei Deponien betreibt. Die Laster, die in Phöben für Unruhe sorgen, haben Erde geladen, mit der die alte Bauschuttdeponie in Deetz abgedichtet wird. Die Erde dafür stammt aus Markee, einem Örtchen bei Nauen. Vibrationen, Schall, Abgase – auch Carsten Mendling vom Ortsbeirat findet, dass „eine Grenze überschritten ist“. Der Verkehr wirke sich außerdem auf den Straßenzustand aus. „Das Thema muss auf die Tagesordnung.“

In Phöben fragt man sich, warum nicht der Wasserweg genutzt wird, um solche Mengen Erde anzuliefern? Markee ist nur sechs Kilometer vom Binnenhafen Wustermarck entfernt, auch die Deetzer Deponie hat einen Hafen. Man fragt sich, warum die Massen nicht wenigstens gesplittet und auch Lieferwege über Groß Kreutz oder Ketzin genutzt werden? Und warum die Laster nicht langsamer fahren? Henning Heese hat sich mit diesen Fragen ans Rathaus Werder und ans brandenburgische Umweltministerium gewandt, auch mit der Meab-Geschäftsführung hat er sich unterhalten.

Das Umweltministerium hat zwar eingeräumt, dass sich die Lärmintensität seit August verdoppelt hat, die geltenden Grenzwerte würden aber noch eingehalten. Andere Routen oder der Wasserweg seien keine Alternative zur 40 Kilometer langen Wahlstrecke, heißt es in einem Ministeriumsschreiben. Ähnlich argumentiert Meab-Geschäftsführer Bernd Müller auf PNN-Anfrage: „Die Route über Groß Kreutz wäre ein Umweg von acht Kilometern.“ Außerdem würden die Mautkosten steigen. Und in Ketzin seien die Straßen und die kleine Fähre zu eng.

Die Anlieferung mit Lastkähnen werde zwar auch von der Meab präferiert, versichert Müller. „Aber der Wasserweg muss auch Sinn machen. Und auf dieser kurzen Distanz wären das zwei zusätzliche Ladevorgänge.“ Immerhin: Am Dienstag hat Müller beim beauftragten Transportunternehmen „Behnke“ veranlasst, dass freiwillig Tempo 30 durch Phöben gefahren wird. Im benachbarten Schmergow, das ebenfalls betroffen ist, wurde vom Verkehrsamt bereits 30 angeordnet. Anders als in Werder wurde die Verwaltung dort von dem Deponieprojekt in Kenntnis gesetzt. Im Rathaus Werder sieht man seinen Einfluss ohnehin begrenzt, da keine Rechtsvorschriften verletzt würden.

Die Meab bestätigte den massiven Lieferverkehr: 15 Lkw würden viermal täglich die Deponie an- und zurückfahren. Hinzu käme der Anlieferverkehr von Bauschutt, denn ein kleiner Deponieteil wird noch genutzt. Seit den 70er Jahren wurde Westberliner Bauschutt nach Deetz verfrachtet, insgesamt müssen 100 Hektar der Altdeponie mit Folie und Erde abgedichtet werden, damit keine schädlichen Substanzen ins Grundwasser gespült werden. Zurzeit geht es um die Abdichtung eines 22 Hektar großen Deponieteils, so Meab-Chef Müller. Die Transporte über Phöben nach Deetz würden bis zum Jahresende dauern. Dann seien die Erdevorräte in Markee – ein Erbe des ICE-Ausbaus nach Hannover – erschöpft.

Die Deponiesanierung gehe allerdings in den nächsten zehn Jahren weiter, zwei Millionen Kubikmeter Sand und Erde müssen dafür herangeschafft werden. Ob Phöben durchweg davon betroffen sein wird, konnte Müller noch nicht sagen. Ausschließen wollte er es nicht: „Das hängt davon ab, wo wir die Erde herbekommen.“

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