KulTOUR: Grenzwertige Erfahrung im Z 200
Kleinmachnow - Unter dem Titel „Grenz-Erfahrungen“ bietet der Kleinmachnower Kunstverein „Die Brücke“seit Januar im ehemaligen Landarbeiterhaus am Zehlendorfer Damm 200 Ausstellungen an, nun ist man beim dritten Teil angelangt. Die Nähe zum aktuellen Jahresthema von Kulturland Brandenburg mit Grenzblick auf das liebliche Sachsen ist gewollt.
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Kleinmachnow - Unter dem Titel „Grenz-Erfahrungen“ bietet der Kleinmachnower Kunstverein „Die Brücke“seit Januar im ehemaligen Landarbeiterhaus am Zehlendorfer Damm 200 Ausstellungen an, nun ist man beim dritten Teil angelangt. Die Nähe zum aktuellen Jahresthema von Kulturland Brandenburg mit Grenzblick auf das liebliche Sachsen ist gewollt. Die aktuelle Ausstellung im Z 200 befasst sich so auch mit Werken der grenzerfahrenen Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) aus Leipzig.
Die erst seit wenigen Jahren bildnerisch arbeitende Lee D. Böhm zeigt Bilder, Kai Kauerhof das, was man heutzutage in aller Unschärfe „Installation“ nennt. Beide sind Absolventen der HGB, beide arbeiten in der „Heldenstadt“. Nun stellen sie unter dem blendend schönen Titel „everything & somebody“ auch noch gemeinsam hier aus. Vielleicht hätte das gar nicht sein müssen, denn „Grenz-Erfahrungen III“ ist eher Enttäuschung als Glück. Kein Grund jedenfalls, gleich bei Guggenheim anzurufen. Aber was soll’s, ein echter Limes hält immer alles zusammen.
Auf dem Hof des Anwesens steht eine Figurengruppe aus Beton. Einer sitzt schwerfällig oder schwermütig, der andere steht nackt vor ihm. Zwar beugt er sich bittend zum sitzenden Alten, doch fehlen ihm die Arme. „Cash“ soll diese Doppelskulptur von Kai Kauerhof heißen, aber dran steht es nicht. Später, drinnen, findet man eines der Gliedmaßen auf dem kalten Ofen liegen, uninstalliert. Sonst gibt es jede Menge Bastelei, ein Bühnenportal in unterschiedlicher Ausführung mit Drehknopf, um den Vorhang hochzuziehen. Aber man dreht und dreht, und er geht trotzdem nicht auf. Oder ein Langbrett zu Erden mit der Aufschrift „Joy is Energy“. Kann Kai Kauerhof noch nicht Deutsch? Dazu sieht man ein Kissen an der Wand mit einer sonnigen Blende und dem Text „Sei froh“. Nein, bei diesen Bastelarbeiten von Kai Kauerhof wird man nicht froh, sie bestätigen nur, dass echte Kunst nicht „außen“ sein kann, sonst müsste man sie ja sehen, oder zumindest erspüren.
Lee D. Böhm malt so lange noch nicht. Bilder voller Düsternis. Oft findet man in ihrem figurativen Malwerk jenes Schiffssteuerrad, das als „escape“ vom Internet her bekannt ist. Es steht für Ausbruch, für Flucht. Vielleicht hat die Malerin, die sich früher als Sängerin bei der Elektro-Formation Westwerk erprobte, Grund dazu, denn trotz anerkannter Meisterschülerschaft bei Ulrich Hachulla wirkt ihr Malwerk nicht gerade überzeugend. Ihre Farbgrafiken haben gar einen deutlichen Hang zum Plakativen.
Bilder und Symbole ihrer Kindheit tauchen in den gut entworfenen, aber weniger gut gemalten Werken auf, feministisches Unterbewusstsein, gestrenge Gesichter bei Jung und Alt, totes Interieur. Malerei für Depressive? Ob ihres Hangs zum „kritischen Realismus“ wirkt dies wie aus kalter Distanz, auch wenn gelegentlich surreal dazugemixt wird. Wie immer ein Künstler an sein Thema herangeht, es sollte doch in Stil und Form wenigstens bis zum vorletzten Pinselstrich überzeugen.
In Summa sind diese „Grenz-Erfahrungen III“ selber höchst grenzwertig. Deutsch wird zur Fremdsprache, die Präsentation ist schlampig. Es gibt zwar eine Ausstellungsliste mit Titeln und quadratzentimetergroßen Abbildungen des Gezeigten, aber so gut wie kein Pendant dazu an den Wänden. Zeitgeistige Grenz-Wirrnis also. Gerold Paul
Die Ausstellung im Zehlendorfer Damm 200 ist noch am 5. und 6. Juli von 14 bis 18 Uhr zu sehen.
Gerold Paul
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