KulTOUR: Große Bilder – kleine Leute
Kontrastreiche Ausstellung in der „Galerie am Fährhaus“ in Caputh
Stand:
Schwielowsee - Die noch immer junge „Galerie am Fährhaus“ präsentiert eine neue Kunstausstellung. Zusammen mit der vielbesuchten Gaststätte und dem „Hofladen“ ist sie im Besitz der Geschwister Christina und Norman Müller. Nun erfordert eine so exponierte Caputher Lage direkt an der Überfahrt nach Geltow und in Nachbarschaft zur Bergmann-Villa, wo ja auch eine Kunst-Oase geplant ist, natürlich besondere Strategien. Mit der kontrastreichen Schau von großen Bildern und kleinen Skulpturen einer Berliner Künstlergruppe scheint man sie gefunden zu haben.
Der unverputzte Innenraum, ehemals Remise und Ort zum Pferdewechsel, gibt den archaisch anmutenden Hintergrund für die Arbeiten von Maja Smoltczyk, Hilke Vierck und Michael Weiss, sämtlich seit 2000 entstanden. Alle drei – man kennt sich seit fünfzehn Jahren – verstehen sich auf die Herstellung von Skulpturen, der Herr in der Runde kam sogar von der Bildhauerei zum Malen. Die etwa vierzig Werke sind zudem mit einiger Raffinesse arrangiert: Vor dem Hintergrund dreier großformatiger Acryl-Bilder steht ein Tisch mit den Skulpturen, vorwiegend als Terracotta-Schwarzbrand, aber auch einige Bronzen. Sie bilden gleichsam eine in sich geschlossene Sitz- und Stehgruppe mit so klangvollen Titeln wie „Denkender“, „Kleiner Abstrakter“ oder „Versunken“.
Jede dieser einunddreißig Körper zeichnet sich durch eine unverwechselbare Haltung aus – „Körpersprache“ als Weg zu Titel und, na ja, Kauf. Man findet Ausgestreckte, übers Knie hinweg Sinnende, Lümmelnde, Hockende, Wartende oder Stehende. Allesamt nackt, sind sie als „Modelle“ meist dem Umfeld der Künstler entnommen. Aber das macht eigentlich nichts, nicht einmal bei Maja Smoltczyk, die im Hauptberuf als Juristin im Plenar- und Ausschussdienst des Berliner Abgeordnetenhauses tätig ist. Wer weiß schon, wer sich hinter dem „Träumenden“ oder der bronzenen „Iris“ versteckt? Hoffentlich keiner vom Dienst.
Die Arbeiten der Damen wirken immer dynamisch, doch zugleich, was die terrakottene Oberfläche betrifft, auch rau, in ihrem Realismus also etwas grob. Insofern sind die helleren und spiegelglatten Bronzen dazwischen beinahe „Exoten“ in dieser tiefschwarzen Versammlung – wie im richtigen Leben. Das Arrangement wirkt geschickt und spannend, man kann sich nicht vorstellen, wie Einzelstücke in ihrer Solitude wirken, „Haltung“ ist ja auch nicht der ganze Mensch!
Neben fünf eigenen Skulpturen hat Michael Weiss neun Bilder auf leinenen Grund ausgestellt. Getitelt sind die wenigsten, etwa „Gottfried und Hans“, zwei merkwürdig geformte Kopfumrisse von erstaunlicher Blässe. Er arbeitet wie ein Bildhauer: „Ich gebe nur die Hand für das Bild“, sagte er. Malen ist für ihn aufbauen und zerstören, übermalen und wegnehmen, bis es zu ihm sagt: Fertig! Öl mag er nicht, weil der lange Trocknungsprozess seine künstlerischen Impulse vernichte, auch reine Farben nicht, dafür kräftig gemischte. Erst im Ensemble, auf der „Bildfläche“, entfalten die verwaschenen Blautöne, Weißtöne, Grüntöne ihre Kraft und Korrespondenz. Den Rest erledigt die Strich- oder Spachtelbewegung.
In den drei Großformaten hinter dem Tisch entdeckte er übrigens erstmals am Gemünde ein „Triptychon“. Nimmt man sich für diese Schöpfungen Zeit, so werden sie trotz aller Abstraktheit („manche sind sogar informell“) Geschichten erzählen, von Wäldern oder Kaskaden, von großen und kleinen Leuten, von Gesichtern oder – von Ihm.
Straße der Einheit 88, geöffnet bis zum 28. Mai , Samstag und Sonntag von 13 bis 19 Uhr
Gerold Paul
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