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KulTOUR: Große Kunst im kleinen Nudow

Ausstellung in Dorfkirche eröffnet

Stand:

Nuthetal - Wie schon im vorigen Jahr, so hieß es auch vergangenen Sonntag wieder „Eintritt frei – Kollekte erbeten“ im Flecken Nudow, welcher zu den fünf Ortschaften der Gemeinde Nuthetal gehört. Um die Restaurierung der 1734 erbauten Dorfkirche voranzutreiben, organisierte der Gemeindekirchenrat seine zweite Kunstausstellung darin – 2009 soll der 275. Geburtstag gefeiert werden. Der Turm ist außen fertiggestellt, doch innen sieht es nicht so gut aus. Trotzdem hängte man bis zur Empore hinauf auch dort Bilder: Paul Paeschkes Pastell „Griechische Frauen mit Spindeln“, Karel Tondts etwas grobe „Badeszene“ oder Albrecht Biedermanns „Junges Mädchen im Frühling“ erscheinen vor dem mürben Hintergrund fast in einem neuen Licht. Die Sammlerin Ursula Hollop stellte dem Veranstalter 2005 eine Reihe Berliner Sezessionisten zur Verfügung. Als ob noch eines draufsetzen wollte, liest man jetzt viel berühmtere Namen. Käthe Kollwitz, Lovis Corinth, Ernst Barlach, Max Liebermann und Salvatore Dali dürften die Kenner massenhaft ins hübsche Dörfchen treiben. So ist das ja auch gewünscht, denn neben der Fertigstellung der Friderizianischen Kronkirche will das Kirchamt auch „Öffentlichkeit herstellen“, was bei dem Massenandrang am Sonntag im Handumdrehen geschah. Ursula Hollop indes hat eher eine Verkaufsausstellung konzipiert, warum auch nicht, nur konnte man das auch etwas dezenter verkünden.

Die sonntägliche Vernissage war ein Dorfereignis. Die Frauengruppe buk wiederum jede Menge Kuchen, zwei Zelte luden zum Verweilen ein, drinnen gab das Spinning Ballroom Orchestra aus Berlin lebhafte Bigband-Musik und Jazziges in kleiner Besetzung, es war eine wunderbare Stimmung. Sonderapplaus, als man hörte, dass die jungen Musiker zugunsten des Anlasses gratis spielten. Später kam auch Bischof Wolfgang Huber dazu. In seinem Katalog-Vorwort verbindet er den Hinweis auf das biblische Bilderverbot mit der Aufforderung, „kein fertiges Bild vom Menschen zu haben“. Matthias Platzeck schickte Grüße, indem er den Nudowern mit dieser Kulturoffensive „ein Zeichen gegen Rassismus und Intoleranz“ anheftete – Politiker haben eben besondere Augen. Wie dem auch sei, die unter das alttestamentarische Wort „Mensch, wo bist du?“ (1.Mose 3.9) gefasste Ausstellung hält, was sie verspricht, zumal jedem Exponat noch ein Bibelspruch zum Nachsinnen zugeteilt ist. So bekommt der Besucher einen Eindruck weitester Art: Vom „Kopf eines alten Mannes“ um 1800 und dem romantischen „Fischern im Mondschein“ dreißig Jahre später findet man gediegene Ölmalerei des 19. Jahrhunderts, Auguste Renoir, zwei Beispiel kreisrunder „Blechmalerei“ unbestimmter Zeit und Herkunft, Pablo Picasso, Max Pechstein, Hand Thoma, Wilhelm Körber, viele andere noch. Öl, Pastell, Grafik, Zeichnung, Skizze – man staunt und wundert sich sehr. Die Neuzeit ist durch HAP Grieshabers „Flötenspieler“ und Janoschs Holzschnitt „Die Katzenfreundin“ vertreten. Schon eine halbe Stunde nach der Eröffnung war das Beste reserviert, und eine Berlinerin stöhnte: „Warum bin ich eigentlich hergekommen, es ist doch schon alles verkauft!“ Mensch, wo bist Du! Ansehen geht ja wohl auch. Gerold Paul

Die Ausstellung „Mensch, wo bist du?“ ist noch bis zum 1. Oktober jeweils Freitag bis Sonntag 14 bis 18 Uhr in der Dorfkirche in Nudow zu sehen. Der Katalog kostet 10 Euro.

Gerold Paul

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