Potsdam-Mittelmark: Große Wut im Red Berry
Kneipe wehrt sich gegen Gewalt-Vorwürfe / NTT: Nazi-Gäste nicht verharmlosen
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Teltow - Die Stimmung im Red Berry ist gereizt. Seit vor zwei Wochen mehr als 250 Demonstranten aus der linksalternativen Szene vor der Kneipe in der Ruhlsdorfer Straße standen und die Bar als „Nazi-Treff“ beschimpften, sind regelmäßige Gäste wie Andreas Hässler sauer: „Das ist eine Frechheit. Hier gab es noch nie Ärger.“
Die Vorwürfe gegen die Bar sind massiv, im Internet finden sich viele: Es heißt beispielsweise, dort würden sich regelmäßig Teltower Neonazis treffen. Polizeisprecherin Angelika Christen sagt dazu, dass das Red Berry von „verschiedenen Gästen“ genutzt werde, meist aus dem Wohngebiet Neue Wohnstadt. Den Vorwurf der Gewalt verneint die Polizei entschiedener. „Nach unseren Erkenntnissen gab es weder in noch um das Lokal herum Straftaten. Auch ist nicht bekannt geworden, dass von dort Straftaten ausgingen“, sagt Christen. Die Antifa vor Ort sieht das anders: Sie berichtet von drei rechtsmotivierten Angriffen rund um den 1. Januar 2007. Der Polizei ist damals jedoch nur ein gewalttätiger Vorfall gemeldet worden – auf dem Parkplatz des „Rewe“-Markts in der Nähe. Und laut Christen „ohne politischen Hintergrund“.
Den Gäste an diesem späten Nachmittag mitten in der Woche dürften solche Einschätzungen gefallen. Es sind vor allem ältere Männer, die Dart spielen, Bier trinken und rauchen. Einer von ihnen hat wegen der Demo sogar ein Schreiben aufgesetzt. „Hier ist jeder willkommen, wenn er keinen Stress macht, auch Angehörige der rechten Szene, die hier im Red Berry ihre Ruhe haben wollen und mit den anderen Gästen Dart spielen“, schreibt er. Andreas Hässler – ein älterer Mann mit Job in der Hotelbranche – wird noch bestimmter, wenn er über „die“ Demonstranten redet: „Die haben doch noch nie einen Cent Steuern gezahlt – und kamen doch auch gar nicht von hier aus Teltow.“ Er regt sich auf, das ist zu merken: Einer seiner Kumpel sei sogar Ausländer. Und dieser habe auch keine Probleme bekommen, als beide Männer jüngst zusammen ins Red Berry kamen. Und wenn es doch einmal Ärger gäbe, dann kläre das der Wirt „mit der auffälligen Person“ persönlich.
Der Kneipier heißt Mike Kühn. „Seit der Demo und den Berichten darüber gucken die Menschen hier böse rein“, klagt er – und fürchtet um sein wirtschaftliches Überleben. „Hier geht es um Existenzen“.
Doch der Ruf ist da. Selbst das moderat geltende Netzwerk Tolerantes Teltow (NTT) sieht die Kneipe nicht nur als normale Bar, sondern auch als Treffpunkt der rechtsextremen Szene. Dies sagten Mitglieder der Initiative den PNN schon vor der nicht von ihnen veranstalteten Antifa-Demo: Mehrfach seien im Red Berry junge Männer mit zum Beispiel „Consdaple“-Shirts gesehen worden: eine Marke, die wegen dem NSDAP im Logo nur in einschlägigen Nazi-Läden verkauft werde. Auch jetzt hat sich die Initiative aus ehrenamtlich aktiven Teltower Bürgern mit den Argumenten des Red Berry beschäftigt. Das NTT warnt vor einer Verharmlosung von Neonazis als normalen Gästen: „Jemand, der sich zu dieser Szene bekennt, sagt nicht, wie toll er unsere Gesellschaft findet – sondern bekämpft sie, auf welche Art auch immer.“Henri Kramer
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