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KulTOUR: Großer Schatz im kleinen Haus

Museum der Havelländischen Malerkolonie zeigt Werke von Theo von Brockhusen

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Schwielowsee - Man kann nicht immer alles haben, wonach einem gerade gelüstet. Da ist es gut zu wissen, wie man trotzdem an das begehrte Gut herankommt. Diese Weisheit gilt auch für das Museum der Havelländischen Malerkolonie in Ferch, wo derzeit eine nicht eben kleine Sensation zu sehen ist: eine für europäisches Maß ungewöhnlich große Ausstellung des ostpreußischen Malers und Sezessionisten Theo von Brockhusen.

Seit seiner Eröffnung 2008 sammelt und erforscht ein ehrenamtliches Team im ältesten Hause am Platz, welche mehr oder weniger namhaften Künstler rund um den Schwielowsee malten. Da kam bisher eine ganze Menge zusammen – in crescendo, wohlgemerkt! Unter ihnen auch Brockhusen, dessen gesamtes Oeuvre (zwischen 1902 und 1919 entstanden) man auf ungefähr 200 Gemälde sowie etliche Zeichnungen und Grafiken schätzt. Zu wenig, als dass der allmächtige Kunstmarkt auf ihn hätte aufmerksam werden wollen, so die Kuratorin Jelena Jamaikina am gestrigen Freitag vor Ort. Anlass der Presseeinladung war die Vorstellung eines Teils von Brockhusens Nachlass, der jetzt zusammen mit dem Museumsbestand zu bewundern ist. Wie es dazu kam, ist eine Geschichte für sich.

Einerseits verfuhr sich die Frau des Berliner Professors Rainer Müller mit dem Auto in Ferchs Idylle und sprach energisch zu ihrem Gatten: „Rainer, wir brauchen ein Wochenendhaus!“ So geschah es, und der Akademiker lernte den Ort und das Museum auch bald lieben. Fast zeitgleich beschlossen die Erben Theo von Brockhusens (1882-1919), sich von dessen Nachlass zu trennen, und wie der Zufall spielt, saßen Jelena Jamaikina und der Berliner auf einer Bank in der Sonne, um diese Frage mal locker zu bereden.

Kurz und gut, kurz darauf entschloss sich Rainer Müller, fünf Gemälde und acht Zeichnungen des Künstlers zu kaufen, um sie dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen. Auch ein Vorfinanzierer fand sich bald. Neben Müller gab es auch einen anonymen Caputher, der Werke gekauft hat. Zusammen mit den eigenen Brockhusen des Museums und früheren privaten Leihgaben kann man in Ferch die vermutlich vollständigste Brockhusen-Ausstellung Europas bewundern. Denn wer Bilder von diesem Maler hat, der verkauft sie nicht, so Jamaikina. Und neue Funde kommen selten dazu.

Ein großer Schatz also im kleinen Haus, und ein guter Lohn für so viele Jahre ehrenamtlicher Mühe für alle, die ihn gehoben haben, wie Vertreter aus Ferch und der Gemeinde bestätigten. Mit diesem Husarenstreich wird sich wahrscheinlich auch der Marktwert des Malers bald erhöhen. Sein Blick war gut und sicher, doch sein Stil tendierte mal zu Max Liebermann, mal zu Vincent van Gogh, was man bei der „Dame im Park“ von 1905, der „Holzbrücke bei Baumgartenbrück“ von 1907/08 oder der „Havelbrücke mit Landungssteg“ von 1915 leicht ablesen kann.

Der Mann war zudem sehr eigen, alter ostpreußischer Adel eben, draufgängerisch und herrisch, aber auch voller „Weichheit und Zartgefühl“, wie ihn sein Freund, der Bildhauer Fritz Klimsch, beschrieb. Seine Wanderjahre und sein Verhältnis zu Galeristen wie Cassirer stehen auf einem anderen Blatt. Wie immer auch, stets macht erst das Werk den Mann, das gilt für die Verstorbenen mehr als für Lebende – je vollständiger, umso besser. Letztlich, bitte sehr, wird jeder an seinen Früchten erkannt, auch Maler wie Theo von Brockhusen. Gerold Paul

Die Ausstellung im Museum der Havelländischen Malerkolonie ist noch bis 26. Oktober mittwochs bis sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen.

Gerold Paul

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