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Potsdam-Mittelmark: Grünkohl aus „Angies Paradies“
Freizeitgärtner von „meine ernte“ haben eigenes Gemüse schätzen gelernt / Fortsetzung nächstes Jahr
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Werder (Havel) - Mit vollen Gemüsekörben und Sommerastern für den Küchentisch sind sie wieder von ihren Mietgärten nach Hause gefahren. Die erste Saison von „meine ernte“ an der Holländermühle in Werder neigt sich dem Ende entgegen. „Wir haben durchgehend drei Körbe pro Woche rausgeholt“, erzählt Angelika Granzow. Die 50-jährige Selbstständige bewohnt zwar mit Ehemann Andreas und ihren drei Kindern ein Eigenheim in Stahnsdorf, doch für einen Nutzgarten gibt es dort kein Platz.
Zum runden Geburtstag waren die Kinder auf die Idee gekommen, Mutter den Mietgarten für ein Jahr zu schenken. Das würde zwar Arbeit bedeuten, aber Freude am gesunden, eigenen Anbau könnte den Aufwand lohnen. Mit Granzows haben sich über 40 Gemüsegärtner an der Holländermühle einen Ackerzipfel gemietet, auf dem das eigene Gemüse gepflegt, gegossen und geerntet wurde.
Die Bonner „meine ernte GbR“ besteht seit gut zwei Jahren, ihre Idee für die Mietgärten ist deutschlandweit auf fruchtbaren Boden gefallen: „meine ernte“ betreibt inzwischen 15 Gartenstandorte mit 850 Kunden. Die Firmeninhaber Wanda Ganders und Natalie Kirchbaumer haben gemeinsam das Konzept für die Stadtrandgärten entwickelt, die jeweils in Kooperation mit ansässigen Bauern entstehen.
Davon profitiert auch Familie Granzow. Die Gemüse-Parzelle misst 1,50 auf 30 Meter. „Angies Paradies“ wurde sie getauft, 180 Euro für die Saison hat Familie Granzow bezahlt. Der vermietende Bauer Torsten Conson aus Werder hat die „Grundausstattung“ jahreszeitlich bedingt gesäht. Wo abgeerntet wurde, haben die Garten-Mieter nachgepflanzt. In ihrem kleinen Eden sprießt noch Blumenkohl, die weißen Astern sind verwelkt, der Grünkohl wird von Insekten bedroht. „Von den ersten Radieschen im Frühjahr über Kräuter und Kartoffeln bis hin zum Grünkohl können wir alles genießen“, sagt Industriekaufmann Andreas Granzow. „Und es schmeckt besser als gekauft – das bilden wir uns zumindest ein!“
Wenige Schritte weiter ackert Familie Westphal-Kay auf dem Gemüsestreifen „Sealand“. Die Potsdamer Familie hat die doppelte Größe für knapp den doppelten Preis gemietet, konnte ihren reichlichen Ertrag aber gar nicht konsumieren. Manches wurde an die Nachbarschaft verschenkt, anderes wanderte von den Beeten auf den Kompost, sagen Brigitte und Joachim Westphal-Kay.
Auch ihre Erfahrungen sind gut. Die beiden Kinder sind noch klein, sie schleppen die Gießkanne und helfen beim Ernten. Brigitte und Joachim Westphal-Kay nehmen nicht nur körbeweise Kartoffeln, Karotten und Kürbisse für die nächsten Mahlzeiten mit. Sie sehen auch in der Beschäftigung der Kinder mit Natur und Nahrungsmitteln einen Gewinn. „Die Arbeit im Garten dient uns als Ausgleich“, sagt Brigitte Westphal-Kay.
Wo die Städter mit den Sprösslingen nicht klarkamen, Hinweise bei Pflege und Ernste brauchten, half im Sommer Bauer Conson mit wöchentlichen Sprechstunden. Er ist mit seinem Feld in Brandenburg der Einzige, der die Vermarktungsidee mit „meine ernte“ umsetzt – und will weitermachen. Wanda Ganders und Natalie Kirchbaumer planen ebenfalls weiter. „Unsere erste Saison hier war ausgebucht“, sagt Natalie Kirchbaumer, weshalb ausgebaut werden soll am Berliner Südwestrand. „Wir haben schon jetzt eine Warteliste.“
Familie Westphal-Kay will in den kommenden Tagen den Mietvertrag verlängern. Eine kleinere Parzelle soll nächstes Jahr reichen. Die Stahnsdorfer Familie Granzow dagegen will ein vergleichbares Angebot näher an ihrem Hause finden. Der Weg wäre bei einem trockenen Sommer mit wöchentlich mehrfachem Gießen zu aufwendig, sagt Angelika Granzow. Verzichten auf das eigene Gemüse will sie aber nicht mehr.
Thomas Wendel
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