KOMMENTAR: Gut taktiert

KOMMENTAR Thomas Lähns über den Überraschungseffekt Wenn die aufgebrachten Stückener und Fresdorfer ihren Abwasser-Zwangsanschluss mit der Praxis von Verwaltungen in der deutschen Vergangenheit vergleichen, greift das an einem Punkt zu kurz: Man kann heute dem Bürger den Willen nicht mehr einfach aufdrücken. Es sind Taktiken gefragt, und hier hat sich die Spitze des Zweckverbandes „Mittelgraben“ als äußerst geschickt erwiesen. Der Bindungsbeschluss in der Nuthetaler Gemeindevertretung war so formuliert, dass die Abgeordneten ihn ablehnen mussten, wenn sie im Sinne der Fresdorfer und Stückener entscheiden wollten. Und ohne Bindungsbeschluss waren die Vertreter in der Verbandsversammlung nur noch ihrem Gewissen verpflichtet – und mit dem ließen sich die Pläne der mwa offensichtlich besser vereinbaren als mit den Forderungen der Bürger. Das Hin und Her der Formulierungen in den Beschlussvorlagen hat für Verwirrung gesorgt, nicht umsonst hatte am Dienstagabend der Grünen-Abgeordnete Heinrich Petzold in Nuthetal gefordert, die Konsequenzen der Abstimmung noch einmal genau zu erklären. Davon wurde Abstand genommen. „Unsere Abgeordneten sind doch nicht dumm“, hieß es. Die Bürger jedenfalls traf am Mittwoch der Schlag – man kann ja klug sein und muss trotzdem nicht jede Finte in der Kommunalpolitik kennen. Die Überraschung war groß, und dafür beim Gegner zu sorgen, das zeichnet einen guten Taktiker aus. Erich von Ludendorff, politischer Stratege unter dem letzten Kaiser, hätte sicher den Hut gezogen. Aber Ludendorff war ja auch nicht unbedingt für sein Demokratieverständnis bekannt.