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Potsdam-Mittelmark: Gute Rübchenernte erwartet

Rübchenfest am Sonntag in Teltow / Aufnahmeprüfung in „Arche des Geschmacks“ bestanden

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Teltow – Das Teltower Rübchen sorgte am Sonntag für Getümmel rings um „Hammers Landhotel“ in Ruhlsdorf. Dort wurde der „Gemüsezwerg“ mit Musik, Clownshow und Gaumenfreuden gefeiert. Das Teltower Traditionsgemüse wird hier auf einer Ackerfläche von 3,5 Hektar angebaut. Rübchenbauer Axel Szilleweit rechnet in diesem Jahr mit einem Ertrag von rund zwei Tonnen pro Hektar, die sonst daumengroßen Rübchen hätten dank der Septembersonne richtig zugelegt.

Beim ersten Rübchenanstich vor einigen Tagen wurden wahre Prachtexemplare geerntet und Bauernpräsident Udo Folgart war des Lobes voll über die regionale Spezialität, die dazu beiträgt, Teltow über die Landesgrenzen hinaus bekannt zu machen. Deren würzigen Geschmack schätzen zunehmend auch Gastronomen, allerdings muss noch Überzeugungsarbeit an den privaten Herden der Region geleistet werden. Szilleweit vermutet, dass viele Familien die aufwändige Putzarbeit scheuen. Anders ist das bei den Berlinern, die bis zum Gemüsehof in die Ruhlsdorfer Straße kommen, um Rübchen und Biogemüse zu kaufen. Auch auf den Wochenmärkten in der Hauptstadt hat Szilleweit Stammkunden gewonnen.

Gestern umwarb am Stand des Rübchenbauern ein würziger Duft aus der Suppenterrine die Nasen der Festgäste. „Hat gut geschmeckt, war mal ein anderer Geschmack“, meinte eine Dame, kaufte aber dann doch nur Tomaten und einen Kürbis. Dabei gibt es die Rübchen-Rezepte gratis dazu. Auch „Slow Food“, ein Lobbyverein für Geschmacksvielfalt, warb an einem Stand für das mineralreiche Gemüse, das die Aufnahmeprüfung in die „Arche des Geschmacks“ bereits bestanden hat.

Um so geadelt zu werden, muss ein Produkt nicht nur erstklassig schmecken, sondern auch eine lange Historie aufweisen, identitätsstiftend für eine Region und Gen-frei sein. Alle diese Voraussetzungen erfüllt das Teltower Rübchen, das schon Kaiser Napoleon mundete und in Frankreich „navets de Teltow“ heißt. Auch Kant und Goethe ließen sich die weißen Wurzeln per Post schicken.

Zu DDR-Zeiten geriet der Rübchenanbau zur Privatsache, er ist mit viel Handarbeit verbunden und die genossenschaftliche Produktion musste vor allem effizient sein. Nur einige alteingesessene Teltower Familien bauten damals das Gemüse an. Agrarstudent Axel Szilleweit hatte während seiner Studienzeit eine kleine Fläche in der Ruhlsdorfer Straße gepachtet, auf der er Rübchen anbaute. Nach der Wende glaubte er fest an ein Comeback. Ein langer Weg: 1990 habe er auf dem Altstadtfest gerade mal zwei Kisten verkauft, erinnert sich der Biobauer.

Seit 1998 bemühte sich dann ein Förderverein, Schwung in die Rübchentradition zu bringen. Tomaten und Gurken, so Szilleweit, sind jedoch die wichtigste Einnahmequelle seines Biohofes geblieben. Ob die Idee von Wirtschaftsförderer Sören Kosanke, einen Rübchenschnaps zu kreieren, mehr Erfolg hat, bleibt abzuwarten. Kirsten Graulich

Kirsten GraulichD

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