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Sportliches Theater. Wenn das Wetter mitspielt, dann toben sich die drei Schauspieler die ganze Inszenierung über in der großen Hüpfburg auf der Bismarckhöhe aus.

© Comédie Soleil

Potsdam-Mittelmark: Hamlet auf der nassen Hüpfburg

Der Shakespeare-Klassiker, den die Werderaner Comédie Soleil inszeniert, ist nicht ganz regenfest

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Werder (Havel) - In den letzten Jahren ist es Mode geworden, bewährte Stücke nicht mehr ganz so ernst zu nehmen. Schillers gesammelte Werke werden in zwei Spielstunden verbraten, klar konzipierte Männerrollen mit Frauen besetzt, wichtige Protagonistenfiguren auf fünf und mehr Akteure aufgeteilt. Vielleicht will die Ökonomie der Zeit das so.

Hier reiht sich auch die „Hamlet“-Fassung der Comédie Soleil ein. Als Sommertheater inszeniert, gibt sie vor, mit nur drei Schauspielern auszukommen. Diese müssen in Frank Dukowskis Spielfassung in neun Rollen hüpfen und etliche Male sterben – falls es nicht regnet. Schauspieler sterben gern, das weiß man, den Regen gibt es umsonst.

Originell die Kulisse für Hamlets Taten: Man hatte sich für eine gelbblaue Hüpfburg entschieden, darin es sich trefflich hüpfen und auch agieren lässt. Der Protagonist selbst ist gerade von Wittenberg nach Helsingör zurückgekehrt, weil sein königlicher Papa dahin ist. Als Geist erscheint er wieder. Hamlet erfährt, dass es sich um einen Mord handelt, den sein Oheim beging, um bei der Schwägerin, der Königin, zu liegen. Der Geist fordert Rache, damit er Ruhe finde. Eine klassisch-antike Konstellation, da wird jedermann des Hamlets Zögern gut verstehen, damals passten Wittenbergscher Humanismus und Meuchelmord noch nicht so gut zusammen. Shakespeare fand eine Lösung, die prophetischer nicht hätte sein können.

Der Kostümbildner des Theaters, den alle nur Rudi nennen, hat auch diesmal ganze Arbeit geleistet. Angelehnt an die Renaissance-Mode müssen bei ihm alle Schloss-Insassen die Konfektion „gelb und blau“ nach Art der Hüpfburg tragen. Genial! Rechts des aufgeblasenen Bühnenbildes eine Gasse, links eine zweite. Hier erscheint Horatio (Bob Schäfer), der Geist des Toten. Er erzählt’s dem rundlichen Hamlet, einer zwar nicht unbedingt tiefsinnigen, dafür in seiner Alertheit überzeugenden Figur, von Frank Dukowski facettenreich gespielt. Nun entfaltet sich das Spiel. Bob Schäfer in Tiefblau als kühl rechnende Königin, als Ophelia, ein Zickchen. Steffen Findeisen als Polonius, im Gespann des verschlagenen Paares Rosenkranz und Güldenstern und in weiteren Rollen. Konzeptionell wollte man etwas Heiterkeit ins final doch sehr bluttriefende Stück bringen.

Diese Spielart ging weitgehend auf. Das lag nicht allein an Hamlet, welcher sich hier und da ein paar witzige Einlagen und Hüpfer erlaubte. Sein gespielter Wahnsinn überzeugte wenig.

Nach einer Eingewöhnungsphase nahm das Publikum diese imaginationspflichtige Fassung mit deutlicher Sympathie an. Nicht aber das Wetter. Gerade als es mit der Wandertheatertruppe ans Spiel im Spiel ging, setzte am Sonntagabend der Regen ein. Nicht doll, aber stetig. Nun mag Helsingörs Burg zwar für gewisse Morde taugen, weniger aber für stete Feuchtigkeit, besonders im Burginneren nicht. Schimmelalarm, da wurde Sein oder Nichtsein zur Gretchenfrage. Als dann gar Blitze am Horizonte aufzuckten, wurde abgebrochen. Demnach müssten Hamlet und die Seinen eigentlich noch am Leben sein. Eine Chance für die nächsten Vorstellungen, denn wie das Stück bei Shakespeare ausgeht, ist allgemein bekannt, nicht aber bei den Blaugelben auf der Bismarckhöhe - falls es nicht regnet. Gerold Paul

Die Comédie Soleil zeigt ihre nächste Hamlet-Aufführung auf der Bismarckhöhe am morgigen Donnerstag um 20 Uhr. Weitere Termine am kommenden Samstag sowie am 21., 22., 28. und 31. August, jeweils um 20 Uhr. Der Eintritt kostet 18, ermäßigt 12 Euro. Karten gibt es auch im Vorverkauf im Kartenhaus im Werderpark für 15 Euro.

Gerold Paul

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