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Potsdam-Mittelmark: „Handwerk braucht Gerechtigkeit“

Vertreter aus Politik und Wirtschaft treffen sich zum 12. Potsdamer Gesellentag

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Schwielowsee - Bildung, Mindestlohn und Stärkung des Wirtschaftstandorts waren die zentralen Themen beim 12. Potsdamer Gesellentag am vergangenen Samstag. Das Treffen von Vertretern aus Politik und Wirtschaft fand unter dem Motto „Handwerk braucht Gerechtigkeit“ im „Märkischen Gildehaus“ Caputh statt. Der Arbeitnehmerflügel der Handwerkskammer Potsdam hatte zu dem Treffen geladen, um über Beschäftigungsperspektiven und Arbeitsmarktpolitik im Land Brandenburg zu sprechen.

Trotz sinkender Arbeitslosenzahlen und einer stetig wachsenden Wirtschaft nehme die gefühlte Ungerechtigkeit zu, sagte Detlef Baer, Vorsitzender der DGB-Region Mark Brandenburg: „Die Spaltung der Gesellschaft wird mehr als deutlich, daher brauchen wir eine Diskussion um den Wert der Arbeit.“ Baer hob hervor, dass zirka einem Drittel der heute Berufstätigen Altersarmut drohe. Seine Forderungen formulierte er in einem Sechs-Punkte-Katalog. Sowohl die Einführung von Mindestlöhnen und die Begrenzung von Leiharbeit als auch die Verstärkung der Ausbildungsinitiativen stehen auf der Liste.

Diesen Forderungen widersprach der Präsident der Handwerkskammer, Bernd Ebert, größtenteils. Ebert gehört dem Arbeitgeberflügel der Kammer an. Dieser lehnt einen flächendeckenden Mindestlohn ab. Vielmehr seien tarifliche Mindestlöhne eine Alternative, was Brandenburgs Arbeitsministerin Dagmar Ziegler bekräftigte. Sie sieht die Betriebe in der Pflicht, gute Bedingungen für junge Menschen zu schaffen, damit diese nicht abwanderten. Die allgemeine Lebenssituation, sagte Ziegler, müsste verbessert werden. Sie warnte davor, Politik und Schulen ständig zu beschuldigen, nicht genug für die Verbesserung des oft kritsierten Bildungsniveaus zu tun: „Die Facharbeiter von morgen sitzen in der Schule und warten darauf, dass ihnen Perspektiven aufgezeigt werden.“ Ausdrücklich lobte sie das Engagement der Handwerkskammer für die Ausbildung junger Menschen.

Auf den Widerspruch zwischen politischer Überregulierung und dringend erwünschtem politischen Handeln ging Olivier Höbel, Bezirksleiter IG-Metall für Berlin, Brandenburg und Sachsen, ein. Man könne nicht Tarifautonomie fordern, andererseits aber seinen ordnungspolitischen Verpflichtungen nicht nachkommen. Diese Kritik richtete sich vor allem an jene, die, wie er sich ausdrückte, ein Unternehmen auf der Zahlung von Hungerlöhnen aufbauten. Als Beispiel nannte er die Pin-Group, deren Arbeiter weit unter dem kürzlich beschlossenen Post-Mindestlohn bezahlt werden. Höbels 50-minütige Rede mutete wie eine gewerkschaftliche Wahlkampfrede an: „Starke Schultern können stärker belastet werden als schwache Schultern“, sagte er. „Lebenslanges Arbeiten muss auch eine anständige Rente nach sich ziehen.“ Das sinkende Rentenniveau treffe besonders die ostdeutsche Bevölkerung, beklagte er. Insgesamt bot das Treffen inhaltlich keine Überraschungen, da die Positionen von Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerseite bereits bekannt waren. Die Handwerkskammer, die im letzten Jahr einen starken Beschäftigungszuwachs in den fast 38 000 Handwerksbetrieben Brandenburgs verzeichnen konnte, zeigte sich dennoch zufrieden. L.-M. Giersberg

L.-M. Giersberg

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