Von Hagen Ludwig: Harmonie lag in der Luft
Gestern besiegelten Vertreter von SPD, CDU, FDP und FBB die Kreistagskoaltion
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Potsdam-Mittelmark - Vergessen schienen die Irritationen und Wortgefechte der vergangenen Wochen. Harmonie lag gestern in der Luft, als die Vertreter von SPD, CDU, FDP/BIK-BIT und Freien Bauern und Bürgern (FBB) im Beelitzer „Landhotel Gustav“ den Koalitionsvertrag für den mittelmärkischen Kreistag unterzeichneten. „Stark – Modern - Gerecht“ steht als Motto über dem sechsseitigen Papier, in dem nun jeder der vier Koalitionspartner seinen wesentlichen Einfluss zu erkennen vermag.
Die Stichpunkte Bildung und soziale Gerechtigkeit hob SPD-Kreischefin Susanne Melior gestern hervor. So wurde im Koalitionsvertrag unter anderem fixiert, dass der Standard der Bildungseinrichtungen in Kreisträgerschaft weiter ausgebaut werden soll. Im Sozialbereich setzt man unter anderem auf Netzwerke für Familien und Kinder sowie Mehrgenerationenhäuser. Lange diskutiert wurde im Vorfeld über die wirtschaftliche Betätigung des Landkreises. Sie könne nur „subsidiär“ gegenüber Wirtschaftsaktivitäten Dritter sein, heißt es nun im Vertrag. Für Melior steht allerdings fest: „Der Landkreis ist auch weiterhin gefordert, wenn es um die Daseinsvorsorge geht.“ Als Beispiel nannte sie den kreis eigenen Abfallwirtschaftsbetrieb APM, über dessen mögliche Privatisierung vor allem die CDU in der vergangenen Wahlperiode schon nachgedacht hatte.
Aus der wirtschaftlichen Tätigkeit des Landkreises dürfe auf keinen Fall eine Konkurrenz für kleinere und mittlere Betriebe erwachsen, sagte CDU-Kreischefin Saskia Funck. Sie erkannte vor allem „bürgerliche Werte“ im neuen Koalitionsvertrag und nannte besonders die Verpflichtung zur sparsamen Haushaltsführung. Die Ausgeglichenheit des Kreishaushalts habe laut Vertrag höchste Priorität. Sozial heiße für sie, dass die Hilfe des Landkreises zielgerichtet bei den tatsächlich Bedürftigen ankomme und die Leistungsträger der Gesellschaft nicht über Gebühr belastet werden.
FDP-Kreischef Rolf Hermann Löhr freute besonders der Vertragspassus, dass die Kreisumlage – das heißt der Teil ihrer Einnahmen, den die Gemeinden an den Kreis abzuführen müssen – im kommenden Jahr um knapp einen Prozent gesenkt werden soll. Damit bleibe mehr Geld bei den Gemeinden, wo es sinnvoll eingesetzt werden könne. FBB-Fraktionschef Wolfgard Preuß stellte die weitere Entwicklung des ländlichen Raumes an die erste Stelle.
Mittlerweile scheinen alle Koalitionäre froh, dass das 2005 erstmals geschmiedete Quartett auch weiterhin Bestand hat, wenn auch mit veränderten Vorzeichen. Stellte die CDU im Jahr 2005 noch die stärkste Fraktion, lief ihr die SPD bei der jüngsten Kreistagswahl mit 2,6 Prozent Vorsprung den Rang ab. Kurzzeitig spielten die Sozialdemokraten danach mit dem Gedanken, eine Mehrheit ohne die CDU zu suchen. Man sei nah beieinander, hieß es nach Gesprächen mit Linken und Grünen. Die Christdemokraten konterten sofort und warnten vor einem „rot-roten Experiment im Vorfeld der Landtagswahl“. Mittlerweile haben sich Wogen geglättet. SPD-Kreis chefin Susanne Melior erklärte gestern, Ziel sei es gewesen, ein möglichst breites und berechenbares Bündnis zu schmieden. Dann schritten die Koalitionäre zum gemeinsamen Mittagessen im gemütlichen Landhotel.
Wie stabil die Koalition tatsächlich ist, wird sich auf der heutigen Kreistagssitzung ungeschminkt zeigen, wenn die SPD den bisherigen Kleinmachnower Bürgermeister Wolfgang Blasig zur Wahl als neuen Landrat vorschlägt. Die Koalition besitzt 40 von 56 Stimmen – das sollte eigentlich reichen bei der geheimen Abstimmung, hoffen die Sozialdemokraten – auch wenn die FDP/BIK-BIT-Fraktion bereits erklärt hat, drei ihrer sechs Abgeordneten würden wohl nicht für Blasig stimmen.
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