Potsdam-Mittelmark: Hartz-IV: Jobcenter zahlt oft nicht die volle Miete
Zwölf Prozent der Bedarfsgemeinschaften im Landkreis wohnen zu teuer – der Landkreis trägt aber nur die „angemessenen Kosten“
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Potsdam-Mittelmark - Jeder achte Hartz-IV-Empfänger im Landkreis muss einen Teil seiner Miete selbst bestreiten. Das geht aus einer Antwort der mittelmärkischen Hartz-IV-Behörde „Jobcenter Maia“ auf eine Anfrage der Kreistagsfraktion der Linken hervor. Demnach würden knapp 870 sogenannte Bedarfsgemeinschaften in Wohnungen leben, deren Miet-, Neben und Heizkosten unangemessen hoch seien. Zwar werden sie nicht aufgefordert, in eine billigere Wohnung umzuziehen – die Differenz müssten sie aber aus eigener Tasche zahlen. Durchschnittlich seien das knapp 82 Euro pro Monat.
„Viele Betroffene müssen sich das Geld vom Munde absparen“, sagt Astrit Rabinowitsch (Linke), Chefin des Kreis-Sozialausschusses. Zwar könne manch einer die Zusatzkosten noch mit Einkünften aus geringfügiger Beschäftigung oder einem Ein-Euro-Job abfangen, doch gerade im ländlichen Raum seien solche Minijobs Mangelware. Laut Jobcenter würde nicht mal ein Drittel der Bedarfsgemeinschaften über ein Zuverdienst verfügen.
Rabinowitsch fordert deshalb, die Sätze bei den Kosten der Unterkunft anzupassen – denn auf dem Wohnungsmarkt habe sich mittlerweile einiges getan: Für Mehrfamilienhäuser, die nach der Wende mit Fördergeld als Sozialbauten errichtet worden sind, würden jetzt, 20 Jahre später, die Preisbindungen auslaufen. „Da kann es passieren, dass die Miete um 20 Prozent steigt“, so die Kreistagsabgeordnete.
Derzeit gibt es im Landkreis Potsdam–Mittelmark laut Jahresstatistik rund 7250 Bedarfsgemeinschaften, für die das Jobcenter die Kosten der Unterkunft übernimmt. In mehr als der Hälfte der Fälle handelt es sich um Single-Haushalte, knapp ein Viertel sind Alleinerziehende. Die Gesamtzahl der Bedarfsgemeinschaften ist in den vergangenen fünf Jahren zwar um fast 2000 zurückgegangen. Der Anteil jener, die Geld für die Miete dazulegen müssen, ist aber weiter gestiegen.
In den meisten Fällen war laut Jobcenter die Nettokaltmiete zu teuer, an zweiter Stelle standen die Neben- und an dritter die Heizkosten. Bei vielen Bedarfsgemeinschaften, die Geld dazuzahlen mussten, kamen aber alle drei Faktoren zusammen. Gegen Bescheide über die Kosten der Unterkunft hatte es in diesem Jahr schon 365 Widersprüche gegeben, in 65 Fällen waren die Antragsteller vor Gericht gezogen. Der Landkreis hatte Ende vergangenen Jahres seine Richtlinie für die Unterkunftskosten überarbeitet (siehe Kasten).
Aber es gibt auch Fälle, in denen Bedarfsgemeinschaften umziehen: In diesem Jahr seien insgesamt 53 Anträge auf Erstattung der Umzugskosten bewilligt worden, wie das Jobcenter weiter mitteilt. Der durchschnittliche Betrag lag bei gut 570 Euro. Die Behörde unterstreicht indes, dass die Antragsteller aus vielerlei Gründen umgezogen seien – nicht nur wegen zu hoher Wohnkosten, sondern auch wegen Trennung, Geburt eines Kindes oder der Aufnahme einer Arbeit.
Auf der anderen Seite hat das mittelmärkische Jobcenter jetzt erklärt, dass in diesem Jahr weit weniger Kosten der Unterkunft anfallen würden als ursprünglich geplant. Standen im Haushaltsansatz für dieses Jahr noch 25,5 Millionen Euro, die unterm Strich für Mietzuschüsse ausgezahlt werden müssen, werden es laut aktuellen Prognosen bis Jahresende wohl nur noch 22,5 Millionen. Jobcenter-Leiter Bernd Schade wertete die Entwicklung als positives Signal: „Dass trotz der europäischen Finanzkrise die Zahl der Bedarfsgemeinschaften und damit die Kosten der Unterkunft weiter sinken, ist eine höchst erfreuliche Entwicklung.“
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