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Potsdam-Mittelmark: Hedwig Bollhagens Werkstätten laden Gäste ein Lebenswerk der berühmten Keramikerin wird fortgeführt

Von Sandra Schipp Sie prägte eine ganze Generation von Designern, galt als Altmeisterin der Keramik - und blieb dennoch stets bescheiden. „Kunst?

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Von Sandra Schipp Sie prägte eine ganze Generation von Designern, galt als Altmeisterin der Keramik - und blieb dennoch stets bescheiden. „Kunst? Ach ja, manche nennen es so. Ich mache Teller, Tassen und Kannen...“, sagte Hedwig Bollhagen über ihre Arbeiten im blau-weißen Dekor, die heute weltweit in Galerien und Museen zu finden sind. Die Keramikerin starb im Sommer 2001, doch ihr Lebenswerk wird fortgeführt. Am Samstag wurden die von ihr gegründeten HB-Werkstätten für Keramik in Marwitz 70 Jahre alt. In der ehemaligen Ofenkachelfabrik in der Nähe von Berlin produzieren die 26 Beschäftigten Keramik nach den Entwürfen von HB, wie Hedwig Bollhagen dort liebevoll genannt wird. Jedes Stück wird von Hand gefertigt und bemalt und ist damit ein Unikat. Zwar nur ein Beispiel, aber immer noch der absolute Renner, sind die typischen blau-weiß gestreiften Kannen, Teller und Tassen. Zum kleinen Jubiläumsfest am Samstag lassen sich die Mitarbeiter ausnahmsweise einmal über die Schulter schauen und demonstrieren die einzelnen Fertigungsschritte. Die Besucher haben die seltene Gelegenheit, sich in der berühmten Werkstatt auch einmal als Keramiker zu versuchen. Trotz aller Berühmtheit - das kleine Unternehmen hat es in Zeiten leerer Portemonnaies nicht gerade leicht. 269 Euro für ein Teeservice für sechs Personen legen die Kunden heutzutage nicht mehr so locker auf den Tisch. Dabei sei der Preis für die komplett in Handarbeit hergestellten Unikate wirklich mehr als gerechtfertigt, sagt Geschäftsführer Wolfgang Scholz. Ein Klempner beispielsweise verlange schon 60 Euro für das Auswechseln einer Dichtung. Doch die Menschen seien verunsichert durch die vielen Hiobsbotschaften aus der Politik - und sparten zuerst am „kleinen Luxus“. Dass auch die öffentlichen Kassen leer sind, bekommen die HB-Werkstätten ebenfalls zu spüren. Zwar ist die Objekt- und Baukeramik eher Hobby als Standbein der Firma, doch die Aufträge für Form- und Ziersteine für historische Bauten bleiben inzwischen fast ganz aus. „Ein paar Fliesen, ein paar Steine“, mehr Aufträge gebe es in diesem Jahr in dem Bereich noch nicht, sagt Scholz. Dabei stecken Produkte aus Marwitz unter anderem im Roten Rathaus von Berlin und den Römischen Bädern von Potsdam-Sanssouci. Doch die meisten Denkmäler in Ostdeutschland seien inzwischen durchsaniert, und ein moderner Architekt könne mit Keramik leider nicht viel anfangen. Dennoch bleibt Scholz optimistisch, wenn er an die Zukunft des kleinen Betriebes denkt. Knapp 200 Händler vertreiben die HB-Keramik im In- und Ausland - seit einem halben Jahr sogar mit Erfolg in Japan. Liebhaber kommen aus der ganzen Welt nach Marwitz, um dort die handbemalten Kannen, Krüge und Teller zu erwerben. Über 4000 Artikel umfasst das Sortiment, die Palette reicht vom Eierbecher bis zum Kindergeschirr, vom blau-weißen Design bis zu schwarz-gelben Mustern. Eine knappe Million Euro Umsatz erwirtschaftet der kleine Betrieb in Marwitz. Vielleicht könnte es mehr sein, wenn das Unternehmen von der Handarbeit auf die industrielle Fertigung umschwenken würde. Doch davon will Scholz nichts wissen. „Damit würden wir uns selber untreu“, sagt er. Und das vergraule letztlich die Kunden. Zudem habe die Handfertigung einen ganz großen Vorteil: Man könne auf jeden Wunsch und jeden Trend sofort reagieren. Das zeigt sich auch am Samstag, wenn passend zum Frühling erstmals ein Spargel-Service in die Vitrinen gestellt wird. Das Design stammt von Hedwig Bollhagen persönlich, entdeckt wurde es beim Aufräumen im Vorfeld des Tages der offenen Tür. HB habe die Vorlage „vor Urzeiten“ gemacht, nun werde das Service erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, sagt Scholz. Es wird nicht das letzte noch unbekannte Werk der berühmten Keramikerin sein, das auf den Markt kommt. Ein ganzer Fundus von Entwürfen lagert noch in den HB-Werkstätten und wartet auf die Umsetzung. Weiteres im Internet unter: www.hedwig-bollhagen.de

Sandra Schipp

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