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Potsdam-Mittelmark: Herr der Steine

Werner Heidbrink restauriert alte Gemarkungssteine

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Werner Heidbrink restauriert alte Gemarkungssteine Teltow. Wo heute am Teltower Damm ein Aldi-Markt Kundenströme aus Teltow und Berlin anzieht, stand einst das Rittergut Schönow. Das 1450 erbaute Gut vermochte jedoch dem Ort zu keinem wirtschaftlichen Aufschwung verhelfen. Auch über die Bauern, die dem sandigen Boden kaum Erträge abringen konnten, vermerkte das Amt Köpenick 1694 zur Getreidepacht: „ es sind sehr arme Leuthe, als daß sie nicht die Helffte, auch manches Jahr gar nichts geben können“. Nicht einmal eine eigene Kirche hatten sie, es wurde „zur Stadtkirche in Teltow eingekircht“ und die Kinder gingen in die Teltower Stadtschule. Erstmals 1299 wurde das Dorf urkundlich erwähnt und der Name Schönow bezeichnete seinerzeit einen Ort „an einer schönen Au“ gelegen. Auf Landkarten ist das Dorf nicht mehr zu finden, nur ein Straßenschild „Alt Schönow“, rund 200 Meter nach dem Teltowkanal in Richtung Zehlendorf, erinnert an das Sackgassendorf. Diese Dorfstraße endete einst am Schönower See, der durch den Bau des Teltowkanals austrocknete. Werner Heidbrink, Mitglied im Teltower Heimatverein, müht sich seit Jahren um die Geschichte des „vergessenen Dorfes“ und seinen einstigen Verbindungen nach Teltow. Mit einem Diavortrag illustrierte der Hobby-Heimatkundler gestern vor rund 15 Gästen in der Akademie "2.Lebenshälfte" die 700-jährige Dorfgeschichte. Schon bei der ersten urkundlichen Erwähnung traf Schönow und Teltow ein gleiches Schicksal: sie wurden verpfändet. Denn Markgraf Hermann hatte Schulden beim Bischof von Brandenburg gemacht und überließ ihm mehrere Ortschaften, darunter auch Gießendorf, Stolpe, Heinersdorf, Ruhlsdorf und Stahnsdorf. Nicht nur familiär waren Teltower und Schönower durch Heirat verbunden, auch wirtschaftlich pflegten sie Kontakte. So eröffnete der Teltower Friedrich Krause in Schönow einen Schweizer Hof für Milchprodukte. Die erste eigene Dorfschule, deren Bau der letzte Gutsbesitzer, Wilhelm von Beeskow zu Schönow unterstützte, baute die Teltower Firma Eichelkraut. 1894 saßen 53 Kinder zum ersten Mal auf Schulbänken in dem märkischen Klinkerbau, in dem heute ein IT-Unternehmen seinen Firmensitz hat. Der Rittergutsbesitzer war auch ein großzügiger Spender gegenüber der Teltower Andreaskirche. Erst 1961 bekam das Dorf eine eigene Kirche. Die mittlere Glocke, die man auch in Teltow hören kann, hat eine besondere Inschrift. „Wir grüßen Teltow“ steht darauf, ein symbolischer Gruß über Grenzen, in Erinnerung an gemeinsame Geschichte. Der Zehlendorfer Werner Heidbrink engagiert sich auch für steinerne Zeugen, die heutzutage meist übersehen werden: Gemarkungssteine. Die dreikantigen Steine markieren Grenzen von Gemeinden. Nach 1815 hatte Friedrich Wilhelm III. Preußen neu vermessen lassen und die Steine aus Granit oder Sandstein bekundeten amtlich die jeweiligen Verwaltungseinheiten des Landes. Ähnlich wie heute Ortsschilder den Autofahrern als Orientierung dienen, halfen die Gemarkungssteine den Durchreisenden auf dem richtigen Weg zu bleiben. Für Wanderer waren die Steine gut sichtbar, doch die Kutschen preschten manchmal so dicht vorbei, dass noch heute an einigen Steinen Schlagspuren sichtbar sind. Hobbysteinmetz Heidbrink hat viele Steine ausfindig gemacht und die Beschriftung nachgeschlagen, wie beim Gemarkungsstein vor dem ehemaligen Teltomat-Betrieb in der Ruhlsdorfer Straße, den er anlässlich der 700-Jahrfeier von Ruhlsdorf 1999 übergab. Auch Erhard Nickel, Ortschronist aus Schenkenhorst, restauriert Gemarkungssteine. Viele sind bereits verschwunden, erzählte Nickel, der einige vor dem Einbuddeln bei Straßenbauarbeiten retten konnte. Der Heimatverein bittet deshalb um Hinweise, da einige Steine schon Beete in Schrebergärten zierten.KiG

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