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Potsdam-Mittelmark: „Hier möchte ich begraben sein“

Ein aktueller Wegweiser von Gerhard Petzholtz über den Stahnsdorfer Südwestkirchhof

Stand:

Stahnsdorf - „Ich fang“se, mein Bruder verknackt“se und Papa sperrt“se ein“, so erklärte der höchst erfolgreiche Kriminalkommissar Ernst Gennat einmal scherzhaft die inoffizielle Rangfolge seiner Familie im Staatsamt. Kunststück – der Bruder war Staatsanwalt, Papa indes Gefängnisdirektor zu Plötzensee, wo auch Sohn Ernst zur Welt kam. Wann genau er lebte, ist aus dem nunmehr überarbeiteten und erweiterten Wegweiser über den Stahnsdorfer Südwest-Kirchhof. „Hier möchte ich begraben sein“ von Gerhard Petzholtz in der dritten Auflage zwar nicht herauszulesen, wohl aber, dass der Schöpfer der ersten Mordkommission in Berlin in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Aufklärungsrate um die 90 Prozent hatte.

Nach der Empfehlung des Autors ist diese einst so berühmte „Schnüffelnase“ erster Anlaufpunkt des Wanderers über den Stahnsdorfer Südwestfriedhof. Fast fünfzig weitere Promis aus Kunst, Wissenschaft, Politik und Technik geben den Rahmen für die „völlig umgekrempelte“ Neuauflage, die Verleger Guido Zenkert mit seinem Unternehmen „Mein Verlag“ im Alleingang betreut.Unter den Sponsoren dieser Publikation taten sich Firmen vor Ort hervor. Nun gab es im Pförtnerhaus der Friedhofsanlage eine Präsentation, so gut besucht, als hätte man eine Erstpublikation vor sich. Dort hängen ja auch noch die Bilder von Lovis Corinth, einer der hohen Toten des Waldfriedhofs.

Das Buch ist ansprechend gestaltet, profund geschrieben, gut lesbar und sehr informativ. Gerhard Petzholtz, seit Jahrzehnten ein „gärtnerischer Mitarbeiter“ des zweitgrößten Waldfriedhofes in Deutschlands, hat fast alle Personalien der Begrabenen überarbeitet, auch neue hinzugefügt, wie etwa den 1998 verstorbenen Schauspieler Alfred Struwe. So entgeht dem Leser und Wanderer eigentlich keiner der Großen, die sich einst in Kunst oder Wissenschaft, für Staat oder Technik verdient gemacht hatten, zumal eine mitgedruckte Übersichtskarte im Notfalle hilft. Hübsche Geschichten bei dieser Drittauflage am Rande: Ein Besserwisser wollte Autor und Verleger „einen falschen Bibelvers“ unterjubeln, auch stand plötzlich die Enkelin des Bildhauers Ludwig Manzel ante portas, Schöpfer der wegweisenden Christus-Statue am Hauptweg. Die Lübeckerin überließ dem Friedhof wertvolle Dokumente ihres Großvaters.

Der 1909 von der Evangelischen Kirche eingerichtete Südwestkirchhof Stahnsdorf ist mit seinen 206 Hektar Fläche, einer der größten und bedeutendsten Friedhöfe Deutschlands. Wegen seiner einzigartigen und großzügigen Gestaltung wurde der Südwestkirchhof schnell zu einem Begräbnisplatz berühmter Persönlichkeiten.

Die Prominenten wie „Effi Briest“, Rudolf Breitscheid oder Heinrich Zille stehen ja stets obenan, doch auch andere sollten den Freund märkischer Geschichte inspirieren – Theodor Fontanes gleichnamiger Sohn, Hugo Conwentz, Vater des Naturschutzgedankens, oder eben Ernst Gennat mit seinem besonderen Instinkt, Verbrecher zu fangen. Bei ihnen möchte wohl so manch einer begraben sein.

Gerold Paul

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