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Potsdam-Mittelmark: Hightech-Lack aus Stahnsdorf
Ex-Polizist produziert künstliche DNA für Telekom und Bahn im Kampf gegen Kupferdiebe
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Stahnsdorf – Ab jetzt sehen Kupferdiebe Magenta. Mit ultraviolettem Licht aus einem Handstrahler leuchtet Sascha Fuchs auf ein Kupferkabel der Telekom. Schlagartig wechselt das schwarze Kabel seine Farbe und leuchtet in dem rot-pinken Farbton des Telefonanbieters. Auf jedem deutschen Schrottplatz dürfte die Beleuchtung zumindest Fragen aufwerfen, sagt der Chef der Stahnsdorfer ATG Sitec GmbH. „Wenn der Händler so ein Kabel annimmt, wird er zum Hehler.“ Mit allen Folgen, sollte ihn die Polizei erwischen.
Ob Kupferdächer auf Friedhöfen, Telefonkabel an Masten oder Teile von Gleisanlagen: Kaum etwas scheint vor Kupferdieben sicher. Steigende Preise machen das Edelmetall bei Langfingern beliebt. Immer rücksichtsloser gehen sie vor, legen Windräder oder den Bahnverkehr lahm. Um die wertvollen Stränge zu schützen, rüsten Unternehmen auf. Telekom, Bahn oder der Stromkonzern Vattenfall setzen auf den Lack, der mit künstlicher DNA versetzt ist. Hergestellt wird ein Großteil der Farbe von einem Unternehmen in Stahnsdorf.
Seit knapp neun Jahren betreibt der Stahnsdorfer Sascha Fuchs im Berliner Süden seinen Betrieb. Hatte sich der 51-jährige Familienvater und frühere Polizeibeamte in den vergangenen Jahren auf den Handel mit schusssicheren Westen und anderer nützlicher Polizeiausrüstung spezialisiert, ist er nun in die Produktion und den Verkauf der künstlichen DNA eingestiegen. In einer dünnen Schicht aufgetragen soll die Farbe Kabeldiebe abschrecken oder sie überführen, wenn sie mit der Beute erwischt werden. Vier Angestellte forschen und entwickeln an dem Produkt, das Fuchs literweise verkauft. Neben Telekom und Bahn stehen der Windkraftbetreiber Enertrag und der Netzbetreiber Amprion auf seiner Kundenliste. Allein bei der Telekom belief sich der Schaden durch Kupferkabeldiebe im vergangenen Jahr auf rund 1,2 Millionen Euro.
Damit soll Schluss sein, sagt Fuchs. Für den Telefonanbieter hat der Stahnsdorfer einen Lack entwickelt, der unter UV-Licht nicht nur in den Konzernfarben leuchtet, sondern auch kleine Nickelplättchen in der Größe eines Sandkorns enthält. Auf ihnen ist das Konzernlogo eingeprägt. Da Kupfer schneller schmilzt als Nickel, sollen die kleinen Punkte auch dann mit der Lupe zu finden sein, wenn das Kabel eingeschmolzen wurde. Eine dritte Sicherheitsstufe ist die künstliche DNA. Die synthetischen Spuren sollen das Kupferkabel auch dann noch als Diebesgut ausweisen, wenn Täter die Plättchen äußerlich abgekratzt haben. „Alles schon passiert“, sagt Fuchs. Genutzt hat es den Dieben nichts, da die DNA bis in die Kupferstränge hineinzieht.
Das hat auch Enertrag überzeugt. Nicht selten kappen die Diebe die Leitungen in den Windradtürmen mit Äxten, erzählt Fuchs. Netzbetreiber Amprion orderte 150 Liter künstliche DNA, ein Liter für die Kabel in jedem der 150 Umspannwerke. Denn selbst vor den Hochspannungsleitungen in den umzäunten Spannwerken machen die Diebe keinen Halt. Mit ferngesteuerten Mini-Helikoptern lässt sich der Lack auf Leitungen in der Höhe auftragen. Wer will, kann die Farbe mit Geruchsstoffen mischen lassen, die Spürhunde riechen. Große Schilder an Leitungen und Windrädern sollen die Diebe warnen, Polizei und Schrotthändler werden mit UV-Lampen ausgestattet.
Auch wenn Fuchs derzeit nur für die Industrie produziert, denkt er über einen Einstieg in den privaten Markt nach. In Kleinmachnow setzt das Rathaus bereits auf solche Produkte. Im Gegensatz zu Fuchs‘ Farbe ist der Lack aus dem Kleinmachnower Rathaus nicht für den Einsatz im Freien geeignet. Fahrräder sollte man damit nicht bestreichen. Vielleicht schon ab kommendem Jahr könnten die Kunden den wetterfesten Lack aus Stahndorf ordern, sagt Fuchs.
Der Ex-Polizist ist überzeugt, dass sich der Einsatz im Haushalt lohnt, wenn viele Nachbarn mitmachen. Künstliche DNA sei aber kein Allheilmittel. Telekom und Bahn werden ihre Leitungen weiterhin im Auge behalten müssen. Das gelte auch für Eigenheime. Wer sein Eigentum eingepinselt hat, sollte weiterhin die Tür zum Haus verriegeln. „Die künstliche DNA kann nur ein Baustein in einem Verbund von Maßnahmen gegen Diebe sein.“ Tobias Reichelt
www.atg-polizeibedarf.de
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