Potsdam-Mittelmark: Hiobsbote bei der Post
SPD-Landtagsfraktionschef Günter Baaske diskutierte im Briefverteilzentrum über Mindestlöhne
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Stahnsdorf - Es ist nicht einfach, den Eingang zum riesigen Flachbau des Stahnsdorfer Briefzentrums zu finden. Die Größe XL, die dem Zentrum zugeordnet ist, wird aber erst richtig anschaulich, wenn man sieht, wie sich Berge von Briefen über Förderbänder durch die Halle schieben, um abgestempelt und sortiert zu werden. Wie von Geisterhand dirigiert, flitzen anschließend alle Sendungen auf einem Band in den jeweiligen Behälter mit der Postleitzahl, die in der Anschrift angegeben ist. Täglich sind das zwei bis drei Millionen Briefsendungen, die bereits am nächsten Tag beim Empfänger eintreffen.
Einen Blick hinter die Kulissen des Briefzentrums warf am Dienstag auch Günter Baaske, SPD-Fraktionschef des Landtages. Als er den Besuchstermin vereinbart hatte, war er sich sicher, dass dem Mindestlohn für Briefzusteller nichts mehr im Wege steht. Denn Kanzlerin Merkel hatte bereits im August zugesagt, die Briefbranche noch in diesem Jahr ins Entsendegesetz aufzunehmen. Darin sind bereits die Mindestlöhne für das Baugewerbe und Gebäudereinigerhandwerk geregelt, nun sollte das Gesetz auch auf Postzusteller ausgedehnt werden. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass bei den Verhandlungen noch etwas schiefgeht“, sagte Baaske im Gespräch mit Niederlassungsleiter Josef Molitor, dem er versicherte, dass die SPD „nicht locker lassen wird“. Molitor prophezeite: „Wenn wir den Mindestlohn nicht kriegen, kommt es zu erheblichen Einschnitten beim Personal.“ In Berlin und Brandenburg, wo die Post mit etwa 12 000 Mitarbeitern zum größten Arbeitgeber der Region zählt, würde es vor allem die Frauen treffen, deren Beschäftigungsanteil 61 Prozent beträgt. „Ein großer Teil davon sind Alleinverdiener.“ Der Tarifvertrag sieht einen Mindestlohn von 8,00 bis 9,80 Euro pro Stunde vor, neu eingestellte Mitarbeiter erhalten durchschnittlich 11,43 Euro. Älteren langjährigen Mitarbeitern zahlt die Post sogar einen Stundenlohn von 14 bis 16 Euro. „Dieser hohe Besitzstand wird nun zu einem Problem, da Mitbewerber nur einen Stundenlohn von 5 bis 6 Euro bieten“, sagt Molitor. Wütend mache die Postler vor allem, dass sie den Kollegen von der Konkurrenz dann noch das bezahlen müssen, was die vom Arbeitsamt bekommen, um ihre Dumpinglöhne mit Alg II aufzustocken. Auch Betriebsrat Günter Kloor bestätigt, dass seine Postkollegen schon den ganzen Tag lang heftig über dieses Thema diskutieren. Während 98 Prozent der Postmitarbeiter der Niederlassung einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben, biete die Konkurrenz fast nur befristete Tätigkeiten an. Dass diese Leute dann auch noch für weniger Geld demonstrieren, sei geradezu absurd. Kloor erzählte, er habe Demonstranten gesprochen, die zugaben, sich für die Aktion zu schämen und nur teilnehmen, weil sie sonst ihren Job verlieren würden.
Baaske riet, sich mit pfiffigen Ideen und besserem Service gegen die Konkurrenz zu behaupten. Auf PNN-Anfrage, wer denn die Landtagspost befördere, antwortete er, dass dies noch immer die Deutsche Post tue. Aber er habe auch schon gesehen, dass vor allem die Landkreise und auch einige Städte die Wettbewerber bevorzugen. „Da müssen wir mit den Landräten und den Bürgermeistern noch mal reden.“ Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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