Potsdam-Mittelmark: Hirsch als Haustier
Kreis warnt: Jungtiere aufnehmen ist Wilderei
Stand:
Kreis warnt: Jungtiere aufnehmen ist Wilderei Potsdam-Mittelmark - Ein zwei Wochen altes Hirschkalb, das in einem Privatgarten gehalten wird – der Anblick kam einem Nachbarn komisch vor und er rief beim Veterinäramt des Kreises an. Als daraufhin die Amtliche Tierärztin Sonja Hahlweg der Familie einen Besuch abstattete, war für sie schnell klar: Hier liegt ein Fall von Jagdwilderei vor. Sie erstattete Anzeige. Laut der Sprecherin des Landratsamtes, Andrea Metzler, ist das kein Einzelfall. Immer wieder würden Spaziergänger junge Rehe und Hirsche an sich nehmen, die sie in der Natur finden. Die Tiere laufen nicht fort, wenn man sich ihnen nähert, sondern drücken sich instinktiv ins Gras, um nicht gesehen zu werden. Die Finder halten die Tiere oft für verwaist, was allerdings meist ein Trugschluss ist. Es ist ganz normal, dass die Mutter ihr Junges zeitweise allein lässt. Wo in dem oben beschriebenen Fall der rund zwei Wochen alte Damhirsch gefunden wurde, wollte Sprecherin Andrea Metzler nicht verraten, sie verwies auf die laufenden Ermittlungen. Der Finder hatte das Tier offenbar bei Bekannten abgegeben, die es dann mit der Flasche aufgezogen haben. Nach Aussage von Veterinärmedizinerin Sonja Hahlweg hatte wohl die ganze Familie intensiven Kontakt zu dem Jungtier. Die Folgen solchen Verhaltens beschreibt sie so: „Ein solches Tier verliert dadurch seine natürliche Scheu vor Menschen. Das kann irgendwann gefährlich werden, wenn das Tier ein ausgewachsenes Geweih hat, denn dann ist man auch vor Angriffen nicht sicher.“ Der junge Damhirsch ist inzwischen in einem Gehege untergebracht. An eine spätere Auswilderung ist nach Aussage von Sonja Hahlweg nicht mehr zu denken, das Tier ist unwiederbringlich domestiziert. Sie warnt davor, Jungtiere in der Natur auch nur anzufassen. Die Mutter werde den Geruch bemerken und das Junge verstoßen. Aber auch im eigenen Interesse sei Zurückhaltung geraten, denn schließlich bestehe immer die Gefahr der Ansteckung: „Das müssten doch eigentlich alle aus der Schule wissen“, wundert sie sich. Wenn tatsächlich Grund zu der Vermutung besteht, dass das Tier keine Mutter mehr hat, sollte ein Jäger, Tierarzt oder die Polizei informiert werden. Wie aus dem Landratsamt zu vernehmen ist, wird in dem aktuellen Fall auch ermittelt, welche Motive die Familie gehabt haben könnte, das Tier von dem Bekannten anzunehmen. Möglicherweise bestehe eine Verbindung zu einem Rotwildgehege. Vielleicht habe es also die Absicht gegeben, den jungen Hirsch dort einzusetzen, „um das Genmaterial aufzufrischen“, wie spekuliert wird. Das Tier eigne sich insofern besonders, weil es eine für Dammwild ungewöhnlich dunkle Fellfärbung habe. Das Strafgesetzbuch sieht bei Jagdwilderei Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren vor, in schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren.Volker Eckert
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: