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Noch stehen die Kühe im Trockenen. Das könnte sich ändern, wenn die Ungeheuerwiesen zum Moor werden.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Hochwasser-Warnung an die Politik

„Pro Kulturlandschaft“ kämpft weiter gegen Moorprojekt auf Ungeheuerwiesen – und holt sich Rat

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Michendorf - Volker Schmohl kommt schnell zum Punkt: „Sie werden Haus und Hof verlieren.“ Der Landwirt aus Grünheide (Märkisch Oderland) kämpft seit Jahren gegen Dauerhochwasser auf seinen Wiesen an der Müggelspree. Vor allem kämpft er gegen das Landesumweltamt, das in seinen Augen für die Flut verantwortlich ist. Bei einer „fast heimlichen“ Renaturierung seien Tausende Hektar Weideland unter Wasser gesetzt worden, „erst durch Unterlassen, später aktiv“, so Schmohl. Schöpfwerke wurden abgestellt, Gräben nicht gepflegt, mittlerweile Befestigungen gezielt beschädigt. „Man muss zusehen, wie alles verfällt.“ Das gleiche Schicksal blühe den Bauern auf den Ungeheuerwiesen.

Schmohl gehörte zu den Rednern eines Informationsabends, zu dem die Bürgerinitiative Pro Kulturlandschaft unlängst nach Stücken eingeladen hatte. Der Interessenverein, zu dem sich Landwirte, Bürger und Naturschützer zusammengeschlossen haben, beäugt kritisch die Pläne des Landschaftsfördervereins Nuthe-Nieplitz-Niederung. Der möchte die Ungeheuerwiesen am Königsgraben zwischen Stücken, Tremsdorf und Blankensee zurück in ein Moor verwandeln – oder wie Vorsitzender Karl Decruppe es nannte: den Moorabbau aufhalten. Zurzeit wird eine Machbarkeitsstudie erstellt, zwischenzeitlich wurden bereits Flächen angekauft. Gut 60 Prozent der 250 Hektar sollen dem Verein schon gehören. Bauern und Anwohner sind hellhörig geworden.

„Die Pläne sind sehr oberflächlich“, meint der Stückener Landwirt Jens Schreinicke. Die derzeitige Situation werde nicht berücksichtigt. Schon jetzt seien die Wiesen ein lebendiges Habitat, das von den Bauern nicht nur genutzt, sondern gepflegt werde. „Wir verwenden keinen Kunstdünger und Pflanzenschutz. Aus Rücksicht auf die Wiesenbrüter mähen wir erst ab Mitte Juni Gras.“

Sein Kollege Thomas Syring erinnerte an die Situation der deutschen Landwirtschaft, der täglich 5,6 Hektar verloren gingen – durch Bebauung, aber auch durch Naturschutz. „Wir waren in den vergangenen 20 Jahren immer kompromissbereit, sind zur extensiven Bewirtschaftung übergegangen – und wir haben Flächen für Hecken, Schutzstreifen und Kleinbiotope zur Verfügung gestellt.“ Man sei für den Naturschutz, aber mit Augenmaß.

Die Vermoorung ganzer Landschaften ist seit einiger Zeit Thema in der Landesregierung. Feuchtgebiete werden als Klimaretter gesehen. Dem widerspricht der Wissenschaftler Jürgen Augustin vom Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg. „Sie sind im günstigsten Fall klimaneutral.“ Augustin berichtete von seinen Erfahrungen bei Überflutungen im Tal der Peene bei Demmin (Mecklenburg-Vorpommern). Hier habe das Rohrglanzgras zwar anfangs einiges an CO2 gebunden, doch die Pflanzen seien schließlich abgestorben. Am Ende habe sich die gesamte Fläche als Methanquelle entpuppt – und negative Wirkung entfaltet.

Augustin ließ durchblicken, dass bereits durch die Entwässerung der Moore zu DDR-Zeiten Schaden angerichtet wurden: Wenn Moore trockenfallen, würden sie das gespeicherte CO2 freisetzen. Den Prozess sollte man nicht durch Überflutung stoppen, sondern durch kontinuierliche Haltung des Wasserstandes zehn Zentimeter unter der Grasnarbe. Extensive Landwirtschaft verbessere die Ergebnisse sogar, so Augustin. Das alles entspricht dem Status quo bei Stücken.

Karl Decruppe mahnte indes, dass zwar einige Senken im Sommer nach wie vor feucht seien, andere Bereiche jedoch mittlerweile trocken blieben. „Es ist bereits zu Moorsackungen gekommen. Kann es so weitergehen?“ Aus dem Publikum wurde ihm entgegnet, dass es die trockenen Flächen schon lange gebe. „Die Ungeheuerwiesen wurden früher zum Torfstechen genutzt. Das ist der Grund“, so ein Bürger.

Die Gegner des Projektes waren in der Runde in der Überzahl. „Aber sie brauchen die Politik, um etwas zu bewirken“, so der Grünheider Volker Schmohl. Immerhin: Die Bürgermeister von Michendorf, Nuthetal, Beelitz und Trebbin haben jetzt mit dem Landschaftsförderverein vereinbart, dass nichts ohne ein Planfeststellungsverfahren geschehen soll – und damit die Bürger mitreden können.

An der Müggelspree war dies nicht der Fall, hier spricht man von einer „nassen Enteignung“. Heute würden 1500 Menschen unter der Dauerflut leiden, wie Volker Schmohl berichtete. „Das Wasser macht an der Grundstücksgrenze nicht Halt, erst recht nicht vor den Kellern.“

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