Potsdam-Mittelmark: Hochwertige Technik im Visier
Diebstähle auf Baustellen bringen Unternehmer in große Schwierigkeiten Die Polizei registriert jedoch weniger Delikte in der Region
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Teltow - Die Region muss um ihren guten Ruf in der Baubranche fürchten, prophezeite ein Bauunternehmer aus Sachsen-Anhalt kürzlich bei einem Richtfest. Denn bereits zwei Mal waren Diebe auf seiner Teltower Baustelle eingebrochen. Beim letzten „nächtlichen Besuch“ stahlen sie Maschinen und Material im Wert von rund 30 000 Euro. Der Unternehmer ist überzeugt: „Die Täter sind organisiert und haben zuvor die Baustelle erkundet“. Ein schwerer Verlust sei das für ihn gewesen, der fast die Existenz bedroht habe, sagte der Unternehmer. Denn schnell musste Ersatz organisiert werden, weil die Firma an straffe Terminpläne gebunden ist. Auch einen Wachschutz heuerte der Unternehmer kurz darauf an.
Wochen später, nur einige hundert Meter entfernt, drangen Diebe in ein Gewerbegelände ein und erbeuteten zentnerschwere Rüttelplatten und Erdraketen, die im Rohrleitungsbau verwendet werden. Auf rund 40 000 Euro belief sich der Schaden für die Tiefbaufirma, die zudem um ihre Aufträge fürchten musste, da die Mitarbeiter von einem Tag auf den anderen ohne Werkzeug da standen. Die Firma war bereits im Jahr zuvor Ziel von Einbrechern, doch diesmal waren die Täter wählerischer und räumten nur die teuersten und neuesten Maschinen ab.
„Qualitative Veränderungen“ bei Diebstählen auf Baustellen, stellt auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) fest. Dessen Sprecherin Ilona Klein sagte den PNN auf Nachfrage: „Früher bevorzugten Diebe eher kleinere Werkzeuge, aber zunehmend geht die Tendenz zu großen Geräten, was organisierte Tätergruppen vermuten lässt“. Dass Kriminelle sich zunehmend auf hochwertige Baugeräte wie Radlader, Baucontainer und Mobilkräne spezialisieren, bestätigte den PNN auch Toralf Reinhardt, Sprecher des Landeskriminalamtes in Eberswalde. Diesen Trend belegen rund 150 Fälle, die im vergangenen Jahr bis Ende September in Brandenburg gemeldet wurden. Zwar gilt hier das gut ausgebaute Straßennetz als begünstigender Faktor für Raubzüge, aber als Beuteland gerate immer mehr das Rhein-Main-Gebiet ins Visier von Tätern, weil dort noch mehr hochwertige Technik zu holen sei. Reinhard: „Die Täter verlagern ihr Arbeitsfeld immer mehr in die EU-Länder hinein."
Solchen Botschaften begegnen Bauunternehmer in der Region noch mit Zweifeln. Ihre Erfahrung: Bislang habe es monatlich ein bis zwei größere Diebstähle gegeben und das nicht nur nachts. So war an einem Vormittag ein Diebestrupp gerade dabei, vom Grundstück einer Teltower Zimmereifirma diverse Baumaterialien auf einen Lastwagen zu verladen, als er dabei von einer älteren Dame gestört wurden. Es war die Mutter des Firmenchefs, die die unbekannten „Mitarbeiter“ energisch zur Rede stellte. Dreist gaben die Langfinger an, sie hätten geglaubt, „das Zeug brauche keiner mehr“.
Versuche, auch am Tage auf Baustellen Brauchbares abzuräumen, seien gar nicht so selten, sagte der Leiter der Potsdamer Kriminalpolizei, Lars Brückner, gegenüber den PNN. Vor allem Großbaustellen mit unterschiedlichen Gewerken seien für Diebe ein günstiges Terrain, da sich viele der Bauleute untereinander gar nicht kennen würden. Je offener die Diebe beim Abräumen von Material und Maschinen vorgingen, um so weniger werde Verdacht geschöpft. „Besser wäre jedoch, sich auch mal den Auftrag der Kollegen zeigen zu lassen“, riet Brückner. Bei Diebstahl auf Baustellen sei aber der Schutzbereich Potsdam, zu dem auch die Region Teltow gehört, kein Schwerpunkt. Bis November 2006 wurden in diesem Bereich 81 Baustellen-Diebstähle gemeldet, ein vergleichsweiser geringer Prozentsatz gegenüber 8200 anderen Diebstahlsdelikten im gleichen Zeitraum. Gegenüber 2005 ist sogar eine rückläufige Tendenz von 40 Prozent zu verzeichnen. Trotzdem sei jede Tat für die betroffenen Firmen problematisch, weiß Brückner, auch weil die meisten nicht versichert seien.
Neben Werkzeugen, Material und Maschinen sei besonders Dieselkraftstoff begehrt, den Diebe von Baumaschinen abzapfen. Hochkonjunktur habe aber Kupferklau. Sogar von Dächern werde das Edelmetall runtergeholt, ebenso bereits verlegtes Kabelmaterial entwendet. Hinweise aufmerksamer Anwohner würden beachtlich zum Fahndungserfolg beitragen, verdeutlichte Brückner an einem Fall, bei dem die Polizei noch am Tatort drei Diebe stellen konnte, die gerade ein Kupferkabel von 45 Meter Länge auf einen LKW aufluden.
Manchmal dauere es allerdings länger, ehe die Beute wieder an den Eigentümer zurück ginge. So erkannte ein Geschädigter sein Rüstmaterial nach zwei Jahren auf einer anderen Baustelle wieder. Zwar wurden angebliche Kaufbelege vom Beschuldigten vorgelegt, die erwiesen sich jedoch als Fälschungen. In einem anderen Fall war einer der vier Tatverdächtigen selbst bei der geschädigten Firma tätig. Hilfreich gegen Diebstahl seien alle Sicherungssysteme, empfiehlt Kriminalrat Brückner auch: „Nachts sollten Baustellen beleuchtet sein, denn das schreckt die meisten Diebe ab.“
Kirsten Graulich
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