
© Reichelt
Potsdam-Mittelmark: Hoffnungsanker Bundestagswahlkampf
Binnenschifffahrt setzt erneut auf Ausbau der Schleuse Kleinmachnow, doch der Bund winkt ab
Stand:
Kleinmachnow - Der beste Platz an Bord waren für Katherina Reiche reserviert. In der ersten Reihe auf dem Passagierschiff mit Fahrtziel Schleuse Kleinmachnow hatten die Vertreter von Wirtschaftsverbänden und die Baulobbyisten der Initiative „Weitblick“ die CDU-Bundestagskandidatin platziert. Das Kalkül schien klar. Wie kaum eine andere Politikerin der Region dürfte die Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium einen guten Draht zu den derzeitigen Entscheidern auf Bundesebene haben. Erst eine, dann zwei und am Ende dreieinhalb Stunden hielten sie die Politikerin am Mittwoch an Bord fest und versuchten sie beim Hin und Her zwischen Nord- und Mittelkammer weichzuschleusen. Schließlich sind in knapp sechs Wochen Bundestagswahlen.
In einem gemeinsamen Appell an die Politik in der Region, im Land und im Bund haben sich Unternehmer, Binnenschiffer und Hafenbetreiber erneut für den Ausbau der über einhundert Jahre alten und zum Teil denkmalgeschützten Schleuse am Teltowkanal ausgesprochen. Mit einem Kompromissvorschlag wollen sie letztendlich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) überzeugen, von der geplanten Sanierung der Nordkammer der Schleuse abzusehen und diese stattdessen auf eine Länge von 130 Metern auszubauen. Alles andere würde Hunderte Arbeitsplätze, zahlreiche Unternehmensstandorte, Investitionen in Millionenhöhe und die Umwelt gefährden, so ihre Argumente. Doch der Bund bleibt hart.
Noch bevor das Ausflugsschiff am Abend wieder anlegte, hatte das Verkehrsministerium den Kompromiss erneut abgeschmettert: „Die vorhandenen beiden Schleusenkammern können den künftigen Verkehr abwickeln. Die Leistungsfähigkeit ist ausreichend“, teilte Ministerialrat Richard Schild den PNN mit. Der derzeit auf dem Teltowkanal verkehrende Schiffsverkehr werde nicht schlechtergestellt. Im Gegenteil, das Schiffsaufkommen falle mit rund einer Million Gütertonnen pro Jahr sowieso gering aus, das spreche nur für einen Substanzerhalt. Mit weniger als zehn Millionen Euro könne man die Schleuse sanieren und den Betrieb bis mindestens zum Jahr 2030 aufrechterhalten.
Doch das bezweifeln die Ausbaubefürworter. Sie gehen von Sanierungskosten von rund 30 Millionen aus, erklärte Dietmar Raschmann, Vorsitzender des Verkehrsvereins Weitblick. Bei den Kosten von zehn Millionen Euro handle es sich lediglich um eine politische Vorgabe. Ohnehin saniere der Bund ein Hindernis. Rund 2 Millionen Gütertonnen pro Jahr sei die Schleuse derzeit in der Lage zu transportieren, eine vergrößerte Kammer von 130 Metern Länge hingegen habe das Potenzial für 5,5 Millionen Tonnen – und das werde bitter benötigt.
Da ist zum Beispiel das Stahl- und Bergbauunternehmen Arcelor Mittal mit seinem Sitz in Eisenhüttenstadt. Täglich sechs Güterzüge beladen mit Rohstoffen rollen in die Roheisen- und Stahlwerke. Viel zu teuer sei das, erklärte Unternehmensmitarbeiterin Ellen Finke. Per Schiff könne man kostengünstiger und umweltfreundlicher transportieren, doch die kleine Schleuse halte den Verkehr zu sehr auf. Ändere sich daran nichts, stehe der Firmenstandort zur Debatte. Ähnlich geht es Martin Brock und dem Agrarhandelsunternehmen Agravis. 70 Millionen Euro würde sein Unternehmen am Standort Fürstenwalde gern investieren, wenn da nicht der Flaschenhals Schleuse wäre. „Wir sind heute schon gezwungen, mit dem Lkw zu fahren“, so Bock.
Vor drei Jahren hatte sich Verkehrsminister Ramsauer von den ursprünglichen Plänen zum Schleusenausbau auf 190 Meter Länge verabschiedet. Umweltschützer hatten massiv gegen das 48 Millionen Euro teure Projekt protestiert. Auch die wollen die Wirtschaftsverbände befrieden: Bei einer 130-Meter-Variante würden die Uferabgrabungen um 4300 Quadratmeter reduziert. 90 Prozent weniger Bäume sollen fallen und acht Millionen Euro könne man sparen im Vergleich zur alten Variante.
Geduldig lauschte CDU-Politikerin Reiche den Ausbaubefürwortern, um dann das halbe Schiff mit nur einer kritischen Nachfrage zum geringen Güteraufkommen zu verunsichern. „Diese Zahlen haben Sie nicht in die beste Position gebracht", merkte Reiche an. In der Region gebe es weiterhin Widerstand, erinnerte sie. Aber: „Ich bin dankbar, dass die Wirtschaft von sich aus diesen Kompromissvorschlag gemacht hat.“ Darüber müsse man nun reden, sagte Reiche und ging von Bord.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: