Potsdam-Mittelmark: Hoffnungsschimmer vor Weihnachten
Drei junge Michendorfer haben ein Weihnachtsessen für Heimkinder organisiert
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Schwielowsee – Wenn Jana* an Weihnachten nach Hause kommt, so tut sie das mit gemischten Gefühlen. „Bei uns gab es oft Stress“, sagt die Elfjährige. Seit einem Jahr wohnt sie in einer Einrichtung des DRK-Kinder- und Jugendhilfeverbundes, weil sich zu Hause kaum jemand um sie kümmerte. Zwar fehlen ihr ihre Eltern, aber es sei besser so, meint Jana. Immerhin bekomme sie nun Hilfe bei den Hausaufgaben und habe immer jemanden, an den sie sich mit ihren Sorgen wenden kann. Der zwölfjährige Tim*, er lebt seit einem halben Jahr in der Einrichtung, wird seine Eltern indes nicht einmal an Weihnachten sehen: Er feiert bei Oma und Opa, erzählt er.
Es sind solche Schicksale, die vor allem in der Vorweihnachtszeit für Betroffenheit sorgen – doch für mehr als stille Anteilnahme reicht es bei den wenigsten. Anders ist es bei Juliane Berg, Michael Link und Frank Rößiger: Die drei Michendorfer haben gestern eine Weihnachtsfeier mit Gänsebraten, Waffeln und Bescherung für 20 Potsdamer Heimkinder organisiert. „Es ist überragend, wie dankbar die Kinder sind, wie sie sich selbst über Kleinigkeiten freuen“, sagt Juliane Berg. Die drei Freunde stammen aus der Gastronomiebranche, bis zum vergangenen Jahr betrieben sie die Gaststätte „Fresdorfer Heide“. Dann hatte die Gemeinde ihnen kurzfristig gekündigt, weil sie das kommunale Gebäude umbauen will. Die drei wollten sich dagegen wehren, zogen letztendlich den Kürzeren. Und obwohl ihre eigene berufliche Existenz zurzeit auf der Kippe steht, halten sie an ihrer eigenen Tradition fest.
Bereits im vergangenen Jahr hatten sie erstmals für die Kinder gekocht, damals noch in der Einrichtung in Potsdam. Für dieses Jahr war geplant, das Weihnachtsessen in Fresdorf zu organisieren und damit für einen Tapetenwechsel zu sorgen. Dazu kam es nun nicht mehr. Aber nach einem Ausflug landeten die drei im Caputher Café Wolff. Sofort sagte die Chefin ihre Unterstützung zu. Ihrer Meinung nach werde generell zu wenig für Kinder in diesem Lande getan. „Dabei gibt es nichts Schöneres, als wenn ihre Augen leuchten“, findet Heike Wolff.
Dass eine solche Aktion von Privatleuten gestartet wird, sei außergewöhnlich, erläutert Carsten Lehmann, Leiter der Potsdamer DRK-Wohnstätten. Größere Unternehmen würden zwar gerade an Weihnachten immer wieder mal Mildtätigkeit anbieten, sie müssten sich jedoch mehr auf den Rest des Jahres konzentrieren, damit Jana, Tim und die anderen durchgängig unterstützt würden, so sein Wunsch.
Über 30 Kinder und Jugendliche werden zurzeit vom DRK in Potsdam betreut, die Kleinsten sind nicht einmal ein Jahr alt. Sie sind die jüngsten von mehreren Geschwistern, bei den Eltern seien „die Ressourcen erschöpft“, so Carsten Lehmann. „Manche Eltern wenden sich auch von selbst an uns“, andere würden sich aber mit dem Jugendamt auch vor Gericht streiten. Alkohol, Verwahrlosung und manchmal auch körperliche Gewalt und sogar Missbrauch hätten die Kinder zu Hause schon erfahren müssen. Dort, wo es möglich ist, soll ihnen der Weg zurück in die Familien geebnet werden. Und bis dahin sorgen Initiativen wie die der drei jungen Michendorfer für einen Hoffnungsschimmer bei den Kindern. Thomas Lähns
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