Potsdam-Mittelmark: „Ich bin hier für alle einfach die Ute“
Stahnsdorferin wird in der Zille-Schule als Brandenburgs Ehrenamtliche des Monats geehrt
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Stahnsdorf - Ute Anzlingers morgendliche Auftritte in der Stahnsdorfer Heinrich-Zille-Schule muss man erlebt haben: Mit einem Ruck öffnet die Frührentnerin die Klassenzimmertür, tritt freudestrahlend hinein und trällert quer durch den Raum: „Halloooo ihr Liiiieben“ – von Dienstag bis Donnerstag findet das Ritual seine Wiederholung. Schon seit fünf Jahren begleitet Ute Anzlinger den Unterricht der Grundschüler, erklärt den Nachzüglern von der ersten bis zur fünften Stunde zum Beispiel den Unterschied zwischen Kilogramm und Gramm, hilft beim Lesen des Dinosaurierbuchs und hört zu, wenn ein offenes Ohr nötig ist – alles freiwillig und ohne Bezahlung.
Gestern wurde die 56-jährige Stahnsdorferin für ihre Arbeit geehrt: Der Chef der Brandenburger Staatskanzlei, Albrecht Gerber, verlieh Ute Anzlinger im Namen des Ministerpräsidenten den Titel der Ehrenamtlerin des Monats. Ute Anzlinger sei mit ihrer freiwilligen Arbeit in der Schule ein Vorbild, lobte Gerber. Ob in Deutsch oder Mathe, ob bei Exkursionen, Klassenfahrten oder Schulfesten, „überall hat sie ihre Finger drin und ist aus dem schulischen Leben nicht mehr wegzudenken.“
Ute Anzlinger selbst ist da bescheidener: „Ich bin hier für alle einfach die Ute“, sagt sie. „Mich braucht keiner siezen“, unterbricht sie all jene, die sie mit Umstandsformeln ansprechen. Umständlich möchte Ute Anzlinger nicht sein, schon der Kinder wegen. „Wenn ich da bin, steht meine Tür für jeden offen.“ 17 Grundschüler betreut Anzlinger in der Stahnsdorfer Schule. Wie ihre Kinder, hat auch sie einen festen Stundenplan. In den Pausen ist sie für alle da. „Die Kinder können bei Ute ihr Herz ausschütten“, sagte Ines Salewski, die als Sonderpädagogin mit der Rentnerin zusammenarbeitet. „Sie ist die gute Seele, die immer zuhört. Sie kommt einfach her und hilft.“
Früher war Anzlinger bei der Lebenshilfe in Hannover beschäftigt, dort arbeitete sie bis zu ihrem Umzug nach Stahnsdorf mit behinderten Kindern. In der Region angekommen, wandte sie sich an die Akademie 2. Lebenshälfte. Dort vermittelte ihr Erika Pusch die Arbeit an der Zille-Schule innerhalb des Projekts „Alter engagiert sich für Zukunft“. Insgesamt 25 ältere Menschen sind darin in der Region engagiert. Es könnten mehr sein, wünscht sich Pusch. Ute Anzlinger leiste wertvolle Arbeit. Gebraucht werde solche Hilfe an vielen Schulen und Kindergärten. Allerdings würden einige Schulleiter erst langsam die Vorteile der Arbeit der Ehrenamtler schätzen.
Anders an der Zille-Schule: Schulleiterin Christina Sommer hat über die Jahre ein fast freundschaftliches Verhältnis zu Ute Anzlinger entwickelt. Beiden Frauen standen die Tränen in den Augen, als die Urkunde feierlich überreicht wurde: „Wir sagen Danke für manch gute Note, die unsere Kinder durch dich bekommen haben“, sagte Schulleiterin Sommer.
Geht es nach Ute Anzlinger, soll es künftig noch mehr gute Noten geben. Wie, das weiß die Stahnsdorferin auch schon: „Im neuen Schuljahr hänge ich noch einen Tag ran.“ Tobias Reichelt
Tobias ReicheltD
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