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Von Caputh nach Kanada zur Drachenboot-WM: „Ich brauche den Kick“
Die 78-jährige Irene Zappe aus Caputh tritt bei der Drachenboot-WM in Kanada an.
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Caputh - Gesammelt hat sie schon jede Menge Medaillen, gezählt hat sie ihre Trophäen aber noch nie. „Das sind bestimmt mehr als hundert, ich habe sie alle in die Gästetoilette gepinnt“, sagt die 78-jährige Drachenboot-Athletin Irene Zappe aus Caputh (Potsdam-Mittelmark) und grinst. Das bedeutet aber nicht, dass ihr die Trophäen gleichgültig sind: In dieser Woche will Zappe ihre Sammlung noch erweitern. Bei der Drachenboot-Weltmeisterschaft im kanadischen Welland tritt sie mit der deutschen Nationalmannschaft wieder in der Altersklasse „60 plus“ an.
Die 78-Jährige ist ehrgeizig: „Aufs Siegertreppchen haben wir es bis jetzt immer geschafft“, sagt sie. Mit 15 Jahren begann die ehemalige Verwaltungsangestellte in ihrer Heimatstadt Wittenberg im Sachsen-Anhalt mit dem Kanusport und feierte später in ihrer Betriebssportgruppe die ersten Erfolge. Ein Schwarz-Weiß-Foto aus dem Jahr 1965 zeigt Zappe und eine Sportkameradin als DDR-Beste im Zweier-Kanu. Noch 40 weitere Jahre paddelte sie im Kanu von Erfolg zu Erfolg, bis zu den World Master Games 2005 in Kanada. „Da habe ich 13 Medaillen geholt, mehr geht nicht“, erzählt die mittlerweile 78-Jährige. „Und dann bin ich auf den Mannschaftssport Drachenboot umgestiegen.“ Dort paddeln acht Frauen und zwölf Männer gemeinsam in einem langen Boot.
Nach 60 sportlichen Jahren plant Zappe den Ausstieg
Auch wenn sie jetzt auf ihre Mannschaft angewiesen ist, ändert das nichts an den Ergebnissen: Gleich bei den Weltmeisterschaften 2007 holte das Nationalteam „50 plus“ mit Zappe an Bord einmal Gold und zweimal Silber, bei den Club-Meisterschaften 2010 errang sie mit den Magdeburger „Silverbacks“ die Weltmeisterschaft. „Bei zwei Wettbewerben war ich sogar mit meiner Tochter gemeinsam im Boot der „50 plus“, erzählt Zappe von ihrer sportbegeisterten Familie. „So was gab es auf der Welt noch nie.“ Doch nun hat sie sich nach mehr als 60 sportlichen Jahren auf dem Wasser fest zum Ausstieg entschlossen. Allerdings nicht sofort. „Nächstes Jahr bin ich noch bei den Club-Weltmeisterschaften in Australien dabei - und dann ist Schluss.“ Dreimal die Woche Training und die Mannschaftsvorbereitungen vor den Wettkämpfen werden ihr langsam doch zu viel.
„Mein Mann will nun auch endlich mal den Ruhestand mit mir zusammen genießen. Ich bin ja nur unterwegs“, meint Zappe. Ihre Clubkameraden wollen sie noch zum Weitermachen überreden. Doch nachdem sie bereits vor Jahren ihren Rückzug von den internationalen Wettkämpfen angekündigt hatte, will sie diesmal hart bleiben. „Das ist doch schlecht für den Sport. Wer will denn eine 80-Jährige beim Leistungssport erleben?“, meint Zappe. Kann sie sich denn wirklich vorstellen, nicht mehr ins Boot zu steigen? „Einfach so rumpaddeln liegt mir nicht - ich brauch den Kick beim Wettkampf“, antwortet die Athletin mit einem wehmütigen Lächeln. Eine Alternative hat sie aber doch: „Ich habe ja noch mein Surfboard. Seit kurzem mache ich Stand-Up-Paddling.“ (dpa)
Klaus Peters
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