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Einblicke. Das Herrenhaus des Lendelschen Anwesens (im Hintergrund) ist bereits ein Schmuckstück. Über die Pläne für die alte Böttcherei und die Werkhalle informierte Investor Christoph Höhne (M.) gestern Ministerin Münch (r.) und Landrat Blasig.

© Andreas Klaer

Von Peter Könnicke: Ideen rund um den Schornstein

Noch-Kulturministerin erkundete gute Konzepte für Denkmäler und wurde im Lendelhaus fündig

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Werder (Havel) - Soeben war Martina Münch noch ganz euphorisch. „Interessante Kombinationen“ hat sie ausgemacht und „Kreativität und Fantasie“ beim Umgang mit dem alten Lendelhaus in Werder gelobt. Was man aus einem denkmalgeschützten Schornstein macht, weiß die Kulturministerin allerdings auch nicht so recht. Der Vorschlag von Landrat Wolfgang Blasig (SPD), die 50 Meter hohen Esse als Kletterfelsen zu gestalten, kommt nicht wirklich in Betracht. Auch wird Potsdams Polizeipräsident wohl keinen luftigen Beobachtungsposten auf das Treiben des Werderaner Baumblütenfestes beziehen. Der aktuelle Disput zwischen Polizei und Stadt zum Sicherheitskonzept des Blütenfestes veranlasste Bürgermeister Werner Große (CDU) zu dieser Überlegung. Doch war es mehr eine Stichelei, als dass der Polizeichef tatsächlich die Posten-Leiter hochklettern wird.

Die Frage der Nutzung ist im Fall des Schornsteins ohnehin nicht von existenzieller Bedeutung. Der Schlot ist bereits saniert und als Zeugnis der Industriegeschichte erhalten. Und so erfährt die amtierende Kultur- und künftige Bildungsministerin Münch (SPD) bei ihrem Besuch des Lendelhauses, dass der Schornstein den Qualm der Dampfmaschinen in die Luft rauchte, die einst der Produktion in der ersten Saftfabrik in Werder einheizten.

Das Lendelhaus war auf Münchs gestriger Dienstreise durch den Landkreis erste Station. Sie wolle sich anschauen, was man mit Denkmälern anfangen kann, welche Ideen es für eine Nutzung gibt. „Denn die beste Perspektive haben Denkmäler, wenn sie genutzt werden“, doziert sie. Beim Lendelhaus ist sie an keine schlechte Adresse geraten: Als „vorbildlich“ lobt sie die Idee der privaten Investoren der Argos Real Estate GmbH, das ehemalige Freigut für Kultur und sanften Tourismus zu entwickeln. „Dabei schielen wir nicht nach vollen Fördertöpfen“, bekundete Mitgesellschafter Christoph Höhne. „Unser Ziel ist, nachhaltig eine wirtschaftliche Grundlage zu schaffen“, erklärte er. Nach knapp drei Jahren Sanierung und Substanzerhalt präsentiert Höhne sehenswerte Ergebnisse: eine Galerie für zeitgenössische Landschaftsmaler, ein Restaurant, einen Shop für regionale Obst- und Weinerzeugnisse und Handwerkskunst. Das Kellergewölbe beherbergt eine Spa- und Wellness-Oase, von der die Ministerin besonders angetan ist. „Thematisch sehr interessant“, findet Münch die entstandene Nutzungsvielfalt.

Während das einstige Wohnhaus mit der rosafarbenen Fassade bereits eine der neuen, frischen Visitenkarten der Inselstadt ist, zeugt der Fabrikhof mit der alten Böttcherei und der Werkhalle noch vom Verfall des Saftbetriebes nach der Wende. Die Genehmigung zur Umwandlung der Böttcherei in Ferienwohnungen und Künstlerateliers „liegt fast vor“, sagt Höhne. Mit dem Umbau werde man dennoch erst im Herbst beginnen, um Touristen während der Saison nicht auf einer Baustelle zu bewirten. Das vom maroden Ziegelmauerwerk umsäumte erste Stockwerk der Saftfabrik dient im Sommer als Freiluftterrasse mit Havelblick; im übernächsten Jahr soll nach Höhnes Zeitplan das alte Werksgebäude saniert werden. Hinter einer möglichen Nutzung steht noch ein Fragezeichen. „Aber wir orientieren uns an den Bezügen zur Region und wollen bestehende Angebote ergänzen“, versichert Höhne. Auf dem Sanierungs-Plan steht auch ein Ausbau des Dachgeschosses des Lendelhauses. „Mit dem Bauamt sind wir darüber bereits lose im Gespräch“, bemerkt Höhne. In fünf Jahren, so kalkuliert der gelernte Bankfachmann und studierte Betriebswirtschaftler, soll für alle Bereiche des Ensembles eine wirtschaftlich tragfähige Lösung entwickelt worden sein.

Mit den Denkmalbehörden werde er dabei keine Probleme haben, vermutet er. „Wir haben bisher super kooperiert“, konstatiert er zur Freude der Fachministerin. „Schauergeschichten“ von heftigen Disputen zwischen Denkmalschützern und Investoren kenne er nur vom Erzählen. Ohnehin sehe er es als seine „Hauptaufgabe, mit der Substanz zu arbeiten.“ Deshalb stehe auch der Schornstein noch.

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