Potsdam-Mittelmark: Im Dunkeln auf Erklärungssuche
In Fresdorf bekam die DVU 13,2 Prozent der Stimmen – Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schmidt steht vor einem Rätsel
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In Fresdorf bekam die DVU 13,2 Prozent der Stimmen – Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schmidt steht vor einem Rätsel Michendorf · Fresdorf - Was ist in den letzten fünf Jahren in Fresdorf passiert? Das Dorf wurde 625 Jahre alt. Die Kirchenorgel wurde repariert. Die Fresdorfer Fastnacht wurde wieder ins Leben gerufen. Kommissarin Johanna Herz ermittelte für den ORB-Polizeiruf. Brandenburgs erstes BSE-Rind kam aus dem Ort. Und die DVU steigerte sich bei den Landtagswahlen von 6,6 auf 13,2 Prozent. Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schmidt sucht seit Sonntag nach Erklärungen für das Rekordergebnis. Allein: Er findet keine. Junges Klientel der Rechten? Jugendliche gibt es im Ort kaum, etwa 45 der 300 Einwohner sind über 60. Und den Jugendlichen, die es gibt, geht es nicht so schlecht wie in der Peripherie, meint Schmidt. „Wir hatten gerade einige, die ins Alter für eine Ausbildung gekommen sind. Die meisten haben eine Lehrstelle bekommen.“ Die Arbeitslosigkeit sei wie überall im Speckgürtel nicht sehr hoch. Von einem rechten Bodensatz in seinem Dorf weiß Schmidt nichts. Die paar Jugendlichen, die sich abends an der Bushaltestelle treffen, sind noch nie so laut geworden, dass man etwas dagegen unternehmen müsste. In der Gastwirtschaft treffe sich im wesentlichen die übliche Stammkundschaft. Es gebe keine rechtsextremen Schmierereien oder Auffälligkeiten in seinem Dorf. Und auch kein Neubaughetto. Die Einwohner, die in den zwei LPG-Blocks am Dorfrand leben, gehören im Gegenteil zu den Aktivsten im Dorfleben. Schmidt steht vor einem Rätsel: „Ich habe mich auch schon mit Leuten im Ort unterhalten, aber wir wissen alle nicht, wie es dazu kam.“ Bei 300 Einwohnern kennt fast jeder jeden. Wer diejenigen waren, die das Kreuz bei den Rechtsextremen machten? „Das werden die wohl nicht sagen“, glaubt Schmidt. Protestwähler, da ist er sich sicher. Der Vergleich mit der Landtagswahl 1999 gibt ihm Recht: Die SPD hatte damals 30,3 Prozent, diesmal waren es 31. Bei der CDU gab es Bewegung: Aus 51,6 wurden 26,4 Prozent. Die Regierungsbeteiligung ist den Christdemokraten in Fresdorf nicht gut bekommen, die Wähler wanderten ab. „Viele haben doch mitbekommen, dass Hartz IV mit der CDU in der Regierung noch viel schlimmer gekommen wäre“, sagt Schmidt. Neben der DVU profitierte in Fresdorf auch die PDS: Sie wuchs von 8,2 auf 14,7 Prozent. Schmidt sieht keinen rechten Nährboden in seinem Dorf. Eher hätte man noch in Wildenbruch mit einer starken DVU gerechnet, wo es gelegentliche Treffen rechter Jugendlicher geben soll. Doch dort kam sie nur auf 5,6 Prozent. In absoluten Zahlen wirkt das Fresdorfer Ergebnis denn auch weniger dramatisch, findet Schmidt: 17 DVU-Wähler, unauffällige Landbewohner auf dem vordemokratischen Holzweg. Schmidt erinnert jetzt gern daran, dass er erst vor sechs Jahren zugezogen ist. „Ich komme aus Westberlin und bin ein gelernter Demokrat. Hier lebten drei Generationen in Diktaturen, vielleicht hat sich das Obrigkeitsdenken bei Einzelnen etwas vererbt.“ Das örtliche Leben wird mit ihnen weiter gehen. Im nächsten Jahr soll ein Heimatverein gegründet werden. Es wird ein Radweg nach Michendorf gebaut. Die Jugendlichen sollen ab Oktober den Gemeinderaum mitnutzen können. Und vielleicht gewinnt Fresdorf den Streit gegen den zentralen Abwasseranschluss. Bis zur nächsten Wahl.
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