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Werder (Havel): Im Intercity von Werder an die Nordsee?
Die Stadt Werder (Havel) fordert, dass Fernverkehrszüge künftig nicht nur durch ihren Bahnhof hindurchfahren, sondern auch halten. Der Verkehrsverbund und die Deutsche Bahn bremsen die Hoffnung an der Havel jedoch.
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Werder (Havel) - Die Stadt Werder (Havel) will ans Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn angeschlossen werden. Das bestätige Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) auf Nachfrage der PNN. „Der Intercity-Halt wäre eine wichtige und notwendige Ergänzung zum bestehenden Angebot.“ Die derzeit verkehrenden Nahverkehrszüge hätten besonders in Richtung Berlin und Potsdam ihre Belastungsgrenze erreicht.
Werder gehört zu den beliebtesten Reiseorten in Brandenburg
Zum Hintergrund: Bisher gibt es nur einen täglichen Intercity-Zug auf der Strecke von Cottbus über Potsdam nach Norddeich-Mole (Niedersachsen), der durch Werder ohne Halt durchfährt. Wie berichtet sollen die Züge ab dem Jahr 2022 jedoch alle zwei Stunden fahren. Die Züge halten derzeit auf ihrer gut achtstündigen Fahrt schon an 28 Stationen, vor allem in Niedersachsen. „Niedersachsen gehört zu den drei wichtigsten Quellregionen für den Reisetourismus in Werder, insofern wäre mit dem IC-Halt mit spürbaren touristischen Impulsen zu rechnen“, so Saß. Mit dem Stopp des Intercity könnten aber auch die Beziehungen zwischen den Urlaubsregionen Spreewald und Havelland, zwischen denen es jetzt bereits einen regen Austausch gibt, erheblich gestärkt werden. Der Intercity hält heute schon in Lübben und Lübbenau. Werder zähle laut dem Vermarkter Tourismus Mark Brandenburg schon jetzt zu den zehn beliebtesten Reiseorten im Land Brandenburg und ist das beliebteste Reiseziel in der Reiseregion Havelland. Die Stadt, seit fast 15 Jahren staatlich anerkannter Erholungsort, ist laut Manuela Saß auf mehreren Ebenen dabei, den Fremdenverkehr als wichtigen Wirtschaftszweig weiter auszubauen.
Die Intercity-Züge werden von der Bahn generell eigenwirtschaftlich gefahren. Der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) zahlt der Bahn jedoch eine Entschädigung dafür, dass man die Züge zwischen Potsdam und Cottbus mit günstigen Nahverkehrstickets, zwischen Potsdam und Königs Wusterhausen etwa zum Berlin-ABC-Tarif, nutzen kann. Diese Leistungen hat der VBB jüngst im Amtsblatt der Europäischen Union neu ausgeschrieben. Faktisch können sie aber nur von der Deutschen Bahn erbracht werden, da kein anderes Unternehmen Fernzüge auf der Strecke betreibt. Der neue Vertrag soll von 2018 an zehn Jahre laufen.
Für einen Halt in Werder müsste ein anderer Halt aufgegeben werden
Verhandlungen dazu, die Züge während dieser Vertragslaufzeit auch in Werder halten zu lassen – die Stadt hat rund 10 000 Einwohner mehr als Lübben oder Lübbenau – gab es zwischen VBB und Bahn jedoch nicht, wie beide Parteien den PNN bestätigten. Technisch ist das möglich: Die neuen Doppelstock-Intercityzüge, die auf der Strecke eingesetzt werden, sind 160 Meter lang, die Bahnsteige in Werder nach Auskunft der Bahn 200 Meter. Laut Bahnsprecherin Susanne Schulz scheitert ein zusätzlicher Halt der Züge in Werder aber daran, dass dann Anschlüsse in Braunschweig und Hannover nicht mehr erreicht werden könnten. Im Klartext: Für einen Halt in Werder müsste nach derzeitigem Fahrplan ein anderer aufgegeben werden. Was der Halt und die Anerkennung von Nahverkehrstickets in Werder kosten würden, konnten weder Bahn noch VBB auf PNN-Nachfrage beziffern. Mit rund 4600 Fahrgästen täglich hat Werder den am stärksten frequentierten Regionalbahnhof in Potsdam-Mittelmark.
Beim hiesigen Verkehrsverbund zieht man sich auf den Standpunkt zurück, dass die Bahn selbst entscheiden muss, wo sie ihre Fernzüge halten lasse. Dessen niedersächsisches Pendant, die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG), bezahlt die Bahn hingegen dafür, die Fernverkehrszüge auch in kleineren Kommunen halten zu lassen – etwa dem Örtchen Augustfehn mit 3000 Einwohnern. Im Gegenzug spart die LNVG das Geld dafür, selbst Regionalzüge fahren zu lassen, ein.
Können zusätzliche Regionalzüge zwischen Werder und Berlin eingesetzt werden?
Der VBB prüft derzeit, zusätzliche Regionalzüge zwischen Berlin, Potsdam und Werder fahren zu lassen, wie dessen Sprecherin Elke Krokowski bestätigte. Ob man sich die mit einem IC-Halt in Werder sparen könnte, wird jedoch nicht untersucht. Bisher hat die Bahn zusätzliche Regionalzüge immer mit dem Argument abgelehnt, dass die Gleise in Berlin schon ausgelastet seien. Ob das jetzt anders wird, scheint fraglich – zumal sich das Problem mit den zusätzlichen Intercitys ab 2022 wohl noch verschärfen wird.
Um auch ohne zusätzliche Züge mehr Menschen zwischen Werder und Berlin transportieren zu können, wird vom VBB untersucht, ob ein Waggon zusätzlich an den Regionalexpress angehangen werden kann. Das Problem dabei: Einige Bahnsteige sind dafür zu kurz. Fahrgäste könnten also nicht mehr aus allen Türen heraus aussteigen. Wie das Problem technisch gelöst werden kann, ist noch offen.
Angesichts des weiteren Zuzugs in der Region macht Werders Bürgermeisterin jedoch deutlich, dass ihr Bahnhof nicht nur für die Stadt mit ihren 25 000 Einwohnern wichtig sei, sondern für ein etwa doppelt so großes Einzugsgebiet. Daher müssten auch tragfähige Lösungen für den Bahnverkehr gefunden werden. „Wir erwarten, dass wir in Überlegungen einbezogen werden, die durch Werder führende Intercity-Bahnstrecke Cottbus - Norddeich-Mole und damit eine Achse zwischen Brandenburg und Niedersachsen zu stärken“, so Manuela Saß. Sie werde sich diesbezüglich mit Nachdruck an den Verkehrsverbund Berlin Brandenburg, die Deutsche Bundesbahn und das Bundesverkehrsministerium wenden und hoffe auf offene Ohren.
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