Potsdam-Mittelmark: Im Kreis der Erwachsenen Wieder Jugendweihe
in den Kammerspielen
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Kleinmachnow - Vor der Zeremonie werden die Schlipsknoten noch einmal zurechtgerückt, Röcke werden glattgestrichen und ein letzter Blick gilt der Frisur. Dann geht es los. Feierlich ziehen die Jugendweihlinge in den Saal der Kleinmachnower Kammerspiele. Die alte Bühne wird zum Laufsteg für die Jugendlichen, den jeder mit Herzklopfen betritt.
Am Wochenende fand in dem Kulturhaus an der Karl-Marx-Straße nach jahrelanger Pause erstmals wieder eine Jugendweihe statt. Zwölf Jugendliche erhielten ihre Weihe und wurden in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen. Die Aufgabe der Festrede übernahm der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Klaus Jürgen Warnick (Linke).
Mit 14 Jahren habe er selbst auf dieser Bühne gestanden, bevor er ein Jahr später als Konfirmand auch noch den feierlichen Segen von Pastor Wasserkamp erhielt, erzählte Warnick. Der Politiker servierte den Gästen einen ganzen Spruchbeutel voller Lebensweisheiten, räumte aber ein, dass Ratschläge Älterer manchmal nervig sein können und die Jungen ihre Erfahrungen selber machen müssten.
Gesagt, getan. Nach drei Musikstücken hieß es Bühne frei für die Jugend. Für einige der jungen Damen war es der Tag, an dem die Absätze ihrer Schuhe erstmals höher waren als die der Mütter. Um ja nicht zu stolpern, haben sie vorher geübt. Manche sagten einen Spruch auf, den sie selbst ausgesucht hatten. Ein junger Mann wählte ein Zitat über die eigene Verantwortung, die auch einschließe, was man nicht tue.
Auch Martin Wende hatte seine Jugendweihe noch Ende der 90er-Jahre in den Kammerspielen erlebt. An die Zeremonie kann sich der Philosophiestudent nicht mehr erinnern, aber an die Familienfeier, die bis Mitternacht andauerte. Jugendweihestunden hätte es – anders als heute – leider nicht gegeben. Diese Vorbereitung sei aber wichtig, findet er. Deshalb hat er diesen Part nun übernommen. Gemeinsam mit den zwölf Jugendlichen ging er ins Theater, ins Kino und besuchte einen Kurs über Kreatives Gestalten. Auch diskutiert wurde viel über das Leben und die eigenen Zukunftswünsche.
Es soll nicht die letzte Jugendweihe im Traditionshaus bleiben, sagte Carolin Huder von der Kulturgenossenschaft Kammerspiele. „Der Bedarf ist so groß, dass wir für das nächste Jahr fast ausgebucht sind.“ Erst im November hatte die Genossenschaft den Betrieb des Hauses übernommen, schon im Januar fragten die ersten Eltern nach der Jugendweihe. Kurzentschlossen wurde die Neuauflage der Traditionsfeier ins Programm aufgenommen. Aber es habe auch Bedenken gegen das vermeintliche DDR-Relikt gegeben. Eine Hymne müssen die Jugendlichen heute aber nicht mehr singen. Urkunde und Buch gab es dennoch. K.Graulich
K.Graulich
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