Potsdam-Mittelmark: Im rollenden Oldie-Apartment durch ganz Europa
Camping-Oldie-Club machte mit außergewöhnlichen Wohnwagen Station auf der Riegelspitze
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Camping-Oldie-Club machte mit außergewöhnlichen Wohnwagen Station auf der Riegelspitze Werder-Petzow. Zirka vier Quadratmeter Wohnfläche: Ein Doppelbett zwischen zwei kleinen Fenstern, davor Schrank und Spüle. Kaffeemaschine und Radio sind der einzige Komfort. Ein Bad gibt es nicht. Diese spartanische Einrichtung sieht nicht unbedingt nach Urlaub aus, doch immerhin ist diese Mini-Wohnung berädert und kann - vorzugsweise mit einem alten VW-Käfer - überall mit hin genommen werden. Der 1961 gebaute „Eriba Puck" ist der wahrscheinlich kleinste Wohnwagen der Welt. Am Wochenende machten er und 25 „Altersgenossen" Station auf dem Campingplatz in Petzow. „Die 50er und 60er Jahren waren die Zeit des Aufbruchs. Die Menschen wollten Europa erkunden - mit Sack und Pack", weiß Reinhard Falk, Vorsitzender des Camping-Oldie-Clubs Deutschland. Er ist diesen Gefährten verfallen, für ihn sind sie „rollendes Kulturgut". Es ist ein recht trüber Vormittag auf dem Campingplatz an der Riegelspitze. Falk und seine Freunde sind gerade aufgestanden. Einige schlurfen in Latschen, Jogginghose und mit Handtüchern behangen zur Dusche. Andere haben bereits an der Frühstückstafel Platz genommen. Der große Tisch steht in der Mitte des von Wohnwagen eingekreisten Platzes und wird zum morgendlichen Podium für Fachsimpeleien. Staunende Blicke ernten die Leute von anderen Campern, die „nur" mit modernen Komfort-Fahrzeugen nach Petzow gekommen sind. Für Reinhard Falk ist Camping ein besonderes Lebensgefühl, erst recht in solchen Wohnmobilen. 1958 sei er das erste Mal mit seinen Eltern mit dem Zelt bis zum Gardasee gereist, seit dem habe ihn der Urlaub in der Natur nicht mehr losgelassen. Im Oldtimer-Club ist er seit 1997. 5000 bis 10 000 Kilometer werden jährlich zurück gelegt, durch ganz Europa führen die Routen. In diesem Jahr hat man sich für Deutschlands Osten entschieden, Orte zwischen Ostsee und Harz besucht. Der Club-Chef nennt einen „Schäfer-Suleika" sein Eigen: Einer der ersten Kunststoff Wohnwagen mit einem Gewicht von 800 Kilogramm. Mit einem etwas älteren Modell ist die vierköpfige Familie Kendl aus Hessen angereist. Das Besondere an diesem Wagen ist die Kunstlederverkleidung, erklärt der Vater. Dahinter befinden sich Holzdielen. „Für die Masse populär wurden Wohnwagen erst in den 70er Jahren", sagt Reinhard Falk. Heute feiern die rollenden Apartments ein Revival, auch die der ersten Generation: 400 Leute sind im Oldie-Club organisiert, sogar Camping-Fans aus der Schweiz. In Frankreich, Holland und viele anderen Ländern gibt es ähnliche Organisationen. Zu ihnen halten die deutschen Kollegen ständigen Kontakt, unternehmen gemeinsame Touren oder stellen ihre Fahrzeuge auf Messen aus. Sogar Gefährte aus der ehemaligen DDR sind vertreten. Stolz präsentiert Rolf Brünger seinen umgebauten Barkas aus dem Jahr 1976. Der Wagen diente früher als Gefangenen-Transporter. „Ich bin Zweitakt-Fan", gibt er zu bekennen. Er kommt aus dem Edertal bei Kassel, hatte das Gefährt im Internet erstanden. Ob ihn der Wagen schon mal im Stich gelassen hat? „So etwas machen Zweitakter nicht." Allmählich trudeln auch die letzten Oldie-Camper am Frühstückstisch ein. Der Reiseplan für das Wochenende muss geschmiedet werden: Eine Fahrt nach Berlin und Erkundungstouren rund um den Schwielowsee werden beschlossen. Abends wollen die Camper dann wieder ein festes Dach über dem Kopf haben - sei es auch nur vier Quadratmeter groß. Thomas Lähns
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