
© Ute Kaupke
Potsdam-Mittelmark: Im Sommerparadies der Kindheit
Schauspieler Joost Siedhoff feiert heute in Rehbrücke seinen 85. Geburtstag
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Nuthetal - Lampenfieber hat er heute noch. Er schließt Enttäuschung und Missmut aus seinem Leben aus, unternimmt Reisen, Ausflüge, besucht Museen und Konzerte. Mit einem täglichen Gymnastikprogramm, Golf und Schwimmen pflegt er seine Kondition. Heute feiert Schauspieler Joost Siedhoff in Rehbrücke seinen 85. Geburtstag. Für mehr als 300 Film- und Fernsehrollen stand er vor der Kamera, ist immer „irgendwo auf Sendung“. Man kennt ihn aus internationalen Kinofilmen, einer Vielzahl von Fernsehserien wie „Diese Drombuschs“, „Berlin, Berlin“ und dem „Tatort“. Er begeistert sich für Hörspiele, hat 1951 beim Südwestfunk schon Bambi seine Stimme geliehen.
„Solange nach mir gefragt wird und ich es mir noch zutraue, werde ich neue Rollen annehmen“, sagt er. An seiner Seite ist seit 1979 die Schauspielerin Ebba Reiter. Nach Rehbrücke fand Siedhoff kurz nach dem Fall der Mauer auf der Suche nach dem „Sommerparadies der Kindheit“, wie er sagt. Großvater Ernst Buscher hatte am Bahnhof Berlin-Lichtenberg als Reichsbahnoberinspektor Dienst getan und sich in der Neuendorfer Straße im Rehbrücker Nachbarort Drewitz zur Ruhe gesetzt. Das wurde Siedhoffs Ferienparadies. Barfuß ging es mit der Badehose durchs Dorf zur damals noch gewundenen Nuthe, deren Begradigung er miterlebte. Über die Karnickelberge ging die Fahrradstrecke seiner Jugend. Im Hirtengraben setzten er und seine Freunde geflochtene Körbe ins Wasser und fingen damit Stichlinge. Dem Bauern der Burgfischerei wurden sie als Futter verkauft. Wenn Nudel-Fechner pfeifend durchs Dorf zog, tauschten sie bei ihm, dem Lumpensammler, Alteisen und Lumpen gegen Spielzeug. Nicht nur einmal trug er Großmutters Kuchenbleche zur Drewitzer Bäckerei Baatz. Zu Lisbeth Herzbach brachte er die Konservendosen mit dem Wintervorrat zum Verschließen mit der Maschine.
Der in Dessau geborene Siedhoff sieht sich als „Bauhaus-Sprössling“. Mutter Alma Siedhoff-Buscher entwarf als Innenarchitektin und Designerin Bauhaus-Kindermöbel und -Spielzeuge. Vater Werner war als Tänzer und Pantomime bei Oskar Schlemmers Bauhaus-Bühne tätig. Siedhoff kam schon als Kind viel herum, erlebte seinen Schulanfang bei der Großmutter im Stubaital (Tirol), besuchte später die Schule Im Kiez um das Ostkreuz von Berlin mit Blick auf den Rummelsburger See. Über Osnabrück kam er mit dem Vater nach Plauen (Vogtland). Kaum einer spricht so viele Dialekte so perfekt wie er.
1952 erhielt er beim Süddeutschen Rundfunk die erste Rolle in einer Fernsehproduktion. Mit dem hessischen Dialekt war er die ideale Besetzung für Sohn Willi in der Kult-Serie „Die Hesselbachs“. 1960 gründete er sein eigenes Theater-Ensemble. Im VW-Bus ging es von Kapstadt bis nach Kairo, nach Bombay und Pakistan. Insgesamt gastierte in 75 Ländern. Siedhoff liebt Charakterrollen. 2007 stand er als Opa Herrlich für den Fernsehfilm „Opa allein zu Haus“ mit Walter Sittler vor der Kamera. Erst in diesem Jahr spielte er einen alten Herren in „Großstadtrevier“, der in einem ehrwürdigen Citroen, Baujahr 39, durch Hamburg düst.
In seiner Rehbrücker Heimat fühlt sich Siedhoff wohl, pflegt ein Kleinod von Garten voller Leidenschaft. Vor Jahren setzte er sich gegen eine geplante Potsdamer Ortsumgehung für den Erhalt der landschaftlich schönen Gegend rund um die Ravensberge ein. Er warb stattdessen für Fahrgemeinschaften, um den Autoverkehr zu reduzieren. Wolfgang Joop habe in diesem Zusammenhang zu Recht vor „Landschaftsterroristen" gewarnt, so Siedhoff. Was er als Schauspieler noch vor hat? „Über ungelegte Eier sprechen wir nicht“, lächelt er. Aber es klingt, als käme eine Traumrolle auf ihn zu.
Ute Kaupke
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