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Potsdam-Mittelmark: Immer weniger Sauerkirschen

Viele Rodungen und kaum Neupflanzungen / Fachgruppe Obstbau beklagt Tiefpunkt bei Preisen

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Potsdam-Mittelmark - 20 Hektar Altanlagen mit Sauerkirschen hat Obstbaumeister Thomas Giese von der Havelfrucht GmbH noch in seinem Bestand. Mit der Ernte hat er noch nicht begonnen. Wieviele Kirschen tatsächlich verwertet werden, hänge von der aktuellen Preisentwicklung ab, sagt er. 20 Cent pro Kilo bekommen in der Regel die Pflücker auf den Plantagen – über 35 Cent müsste der Industriepreis betragen. An Neuanpflanzungen sei angesichts der Unsicherheiten nicht zu denken, so Giese.

Vor dem endgültigen Niedergang der Sauerkirschproduktion in Deutschland hat gestern die Fachgruppe Obstbau in Berlin gewarnt. Inmitten der aktuellen Ernte zeichne sich ab, dass die Großmarktpreise einen Tiefpunkt erreichen. Sie würden damit erneut weit unter dem Niveau liegen, das notwendig wäre, um mindestens die Erzeugerkosten zu decken, erklärte Fachgruppenvorsitzender Gerhard Kneib gegenüber der Presse.

Ein Trend, den Manfred Kleinert von der Fachgruppe Obstbau des Landes Brandenburg bestätigt. Erst kürzlich hat er in seinem Obstgut bei Marquardt die letzte große Sauerkirschanlage mit einer Größe von 14 Hektar gerodet. „Für einen Kilo Kirschen gibt es von den Discountern und der Industrie oft nur 25 Cent – da lohnt der Anbau nicht mehr“, so Kleinert. Nur für den Direktverkauf in seiner Obstscheune baut er jetzt noch auf 1,5 Hektar Sauerkirschen an.

Innerhalb der vergangenen zehn Jahre habe sich die Anbaufläche von Sauerkirschen in Brandenburg mehr als halbiert, zitiert Margarete Löffler vom Landesgartenbauverband aus der Statistik. Von 627 Hektar im Jahr 1998 sind nur noch 286 Hektar geblieben. Eine Trendwende ist derzeit nicht absehbar.

Auch bei Havelobst Bochow wachsen die Sauerkirschen ausschließlich in 20- bis 30-jährigen Altplantagen – insgesamt 27 Hektar. „Über einen Mittler haben wir langfristige Verträge mit den Verarbeitungsbetrieben – dadurch wird die Preisentwicklung etwas abgefedert“, erklärte Jürgen Hellwig vom Havelobst-Vorstand. Grundsätzlich müsse man jedoch um die Sauerkirsche in Deutschland fürchten, wenn es nicht bald bessere Bedingungen für Neupflanzungen gebe.

Zu groß sei der Preisdruck durch ein riesiges Sauerkirschangebot aus Osteuropa, heißt es seitens der Fachgruppe Obstbau. So würden allein in Polen 200 000 Tonnen geerntet, mehr als das Zehnfache der deutschen Menge. Der einzige Ausweg sei eine Mengenreduzierung auf dem gesamteuropäischen Markt. Deshalb unterstütze die Fachgruppe Forderungen aus Polen und Ungarn, Rodeprämien aus EU-Mitteln auszureichen. Hagen Ludwig

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