Potsdam-Mittelmark: In Zukunft Tempo 70 auf vielen Alleen
Mitarbeiter der Verkehrsbehörde müssen jetzt mit dem Maßband die Baumreihen prüfen
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Potsdam-Mittelmark - Auf vielen brandenburgischen Alleestraßen soll künftig ein Tempolimit von 70 Stundenkilometern gelten. So sieht es ein gemeinsamer Runderlass der beiden Ministerien für Infrastruktur und Inneres vor, der im mittelmärkischen Landratsamt derzeit für gewisse Ratlosigkeit sorgt. Schon der Titel lässt ahnen, wie kompliziert die Umsetzung für die Verkehrsbehörde des Landkreises werden könnte: „Runderlass zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Straßen mit angrenzendem dichten Baumbestand ohne vorgelagerte Fahrzeug-Rückhaltesysteme außerhalb geschlossener Ortschaften im Land Brandenburg“.
Im Klartext: Stehen die Bäume ohne Schutzplanken weniger als 4,5 Meter entfernt von der Fahrbahn, muss die Straßenverkehrsbehörde ein Tempolimit von 70 km/h anordnen. Bedingung ist jedoch ein dichter Baumbestand, der laut Runderlass vorliegt, wenn an beiden Fahrbahnrändern auf einer Strecke von 500 Metern mindestens 15 Bäume stehen, die einen Stammumfang von wenigstens 25 Zentimetern haben. Angesagt ist jetzt eine Einzelfallprüfung an allen mittelmärkischen Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften.
Eine mehrjährige Auswertung von Unfällen habe ergeben, dass es sogenannte Baumunfälle nicht nur auf bestimmten Schwerpunktstrecken gebe, heißt es seitens der Ministerien. Die Unfälle würden sich im erheblichen Umfang über fast das gesamte überörtliche Straßennetz im Land Brandenburg konzentrieren. Eine Höchstgeschwindigkeit von 100 oder 80 km/h sei deshalb an vielen Stellen nicht mehr zu vertreten.
„Vom Prinzip her müssen die Mitarbeiter unserer Verkehrsbehörde jetzt mit dem Maßband losziehen und jeden einzelnen Baum messen“, erklärte die Sprecherin des Landratsamtes, Andrea Metzler. Der Runderlass ist bereits in Kraft getreten, noch in diesem Jahr sollen die ersten Schilder aufgestellt werden. Wie lange es jedoch insgesamt dauern werde, die vom Land gestellte Aufgabe zu bewältigen, sei noch unklar, hieß es im Landratsamt. Bisher gebe es auch noch keine Vorstellung darüber, wie viele Straßenkilometer davon betroffen sein könnten. Die Kosten der Bestandaufnahme seien wahrscheinlich enorm. Für Landrat Wolfgang Blasig (SPD) ist der Runderlass ein erneutes Beispiel dafür, „wie die Lasten staatlicher Aufgaben auf die Kommunen verlagert werden“.
Im Vorfeld des Runderlasses hatte Innenminister Dietmar Woidke (SPD) erklärt: „Wir wollen unsere Alleen erhalten, aber sie müssen sicherer werden.“ Nötig seien mehr Leitplanken und ein Tempolimit. „Wo links und rechts Bäume stehen, da ist Tempo 100 eindeutig zu viel“, so Woidke. Schon ein normaler Wildunfall, der auf einer freien Strecke glimpflich ausgehe, habe in einer Allee schwerere Folgen. Hagen Ludwig
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