
© Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark: Integration: Keine Frage der Epoche
Kinder mit und ohne Behinderung spielen Theater
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Michendorf - Michendorf 2099: Der gute alte Federball hat ausgedient, die Kinder spielen „Spaceball“. Mit Schlägern katapultieren sie sich virtuelle Bälle zu, die sie nur durch ihre leuchtenden Brillen sehen können. Und nicht nur der menschliche Nachwuchs ist begeistert: Auch Außerirdische und Roboterkinder machen mit. Es sind tolle Erfahrungen, die der magische Apfelbaum den vier Zeitreisenden Chiara, Emma, Michele und Chantal ermöglicht – doch so langsam möchten sie wieder nach Hause. Gar nicht so einfach: Das Michendorfer Wahrzeichen ist langsam erschöpft von den vielen Sprüngen durch die Geschichte.
Die bilden den Handlungsfaden durch ein Theaterstück, das Kinder der Grundschulen Michendorf und Wildenbruch sowie Schützlinge des Norberthauses für geistig und körperlich behinderte Kinder am Samstag auf der Kleinen Bühne im Michendorfer Volkshaus aufführen wollen. Die Generalprobe gestern hat gezeigt: Ob mit oder ohne Handicap – die Kinder bilden eine starke Truppe, die jede Menge Freude am gemeinsamen Spiel hat.
„Inklusion schafft man nicht, indem man Kaffee trinkt“, sagt Lorett Eichholz, Leiterin des Norberthauses. Während landesweit über die Eingliederung behinderter Kinder in normale Schulen debattiert wird, werden in Michendorf durch solche Projekte junge Menschen auch praktisch zueinander geführt. Natürlich habe es am Anfang Berührungsängste gegeben, doch die 30 Kinder hätten schnell einen Draht zueinander gefunden, sagt Eichholz. Ihre Kinder und Jugendlichen sind präsent in der Gemeinde – ob mit ihrer Kegeltruppe oder mit der Band auf Veranstaltungen – und sie werden als normal akzeptiert.
So hatten die „Bühnenfreunde Michendorf“, Förderverein des kleinen Theaters im Volkshaus, angeregt, auch mal ein Theaterstück mit ihnen und mit nicht behinderten Kindern einzustudieren. „Wir wollen ihnen das Gefühl vermitteln, dass ihnen dieses Haus jederzeit offensteht“, erklärt Klaus-Dieter Becker, Vorsitzender des Kulturbundes. Er sehe, welche Begeisterung die Bühnenerfahrung bei ihnen auslöse. Und schließlich könne man nur so auch Schauspielnachwuchs gewinnen.
Als solcher empfehlen sich die Kinder, die nicht nur in ihren Rollen als Zeitreisende oder als Repräsentanten der jeweiligen Epoche aufgehen, sondern mit ihren Erziehern auch die Kostüme und Bühnenbilder entworfen und gestaltet haben. Die Geschichte, welche sie vor fantastischen Kulissen spielen: Fünf Grundschüler finden den Geschichtsunterricht langweilig. Der Michendorfer Apfelbaum, der schon viele Zeitalter erlebt hat, hört dies und nimmt sie mit in die Steinzeit und zu den alten Ägyptern. Jasmin hat das noch nicht überzeugt: „Langweilig“, beharrt sie. Zur Strafe nimmt sie der Pharao gefangen. Die Reise führt sie weiter ins Mittelalter und zu Thomas Edison, dem Erfinder der Glühbirne – bis hin in die Zukunft, wo man zu stranden droht. Doch der „Schlüsselwächter“ weiß eine Formel, mit der man zurückgelangt und auch noch Jasmin befreien kann.
So findet die Odysee der fünf Michendorfer Schüler ein glückliches Ende – so wie das gemeinsame Bühnenprojekt. Davon soll es auf jeden Fall eine Fortsetzung geben, wünschen sich die Initiatoren – und die Schauspieler. Thomas Lähns
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