Potsdam-Mittelmark: Italien auf Werders Insel
Wie aus der Bäckerei-Brache ein idyllisches Wohnensemble mit Urlaubsflair wird
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Wie aus der Bäckerei-Brache ein idyllisches Wohnensemble mit Urlaubsflair wird Von Hagen Ludwig Werder - Mit dem Ausbau des Mehrfamilienhauses am Markt 2 begann für den Architekten Torsten Schmitz das Engagement auf Werders Insel. Die hübschen Wohnungen waren schnell vermietet, doch der Blick auf den Hinterhof glich schlichtweg einer Katastrophe. Verschachtelt und verbaut standen dort die heruntergekommenen Hallen der einstigen Backfabrik. Bereits Ende 2000 war der „Märkische Backshop“ in eine neue Fabrik nach Wustermark gezogen – die Anwohner waren erfreut, lange hatten sie Lärm und den Lieferverkehr selbst in den frühesten Morgenstunden ertragen müssen. Das verlassene Grundstück jedoch hätte schnell zu einem städtebaulichen Ärgernis werden können, wie sich Ute Funk vom Sanierungsträger Potsdam erinnert. Deshalb wurde der Abriss der alten Hallen öffentlich gefördert und das Gebiet zum Sanierungsschwerpunkt ernannt: Eine Chance, die Torsten Schmitz beim Schopfe packte. Schnell entwickelte er die Idee, ein zusammenhängendes Wohnensemble mit besonderem Flair zu gestalten. Der Architekt kaufte wichtige Gebäude des Areals wie den ursprünglich als Saftfabrik errichteten Mehrgeschosser (Mühlenstraße 14) und das alte Hauptgebäude der Bäckerei (Mühlenstraße 10/11). Die Nähe zum Wasser und das milde Inselklima ließen Schmitz sofort an „Klein-Italien denken“. Luftige, mediterrane Gärten im Hofbereich, großzügige Dachterrassen, ein alter, wieder freigelegter Brunnen und der nunmehr freie Blick auf die beleuchtete Heilig-Geist-Kirche werden künftig mitten in Werder für die Bewohner Urlaubsflair aufkommen lassen. „In diesem Sinne wird auch die ehemalige Remise als Turmvilla im italienischen Landhausstil ausgebaut“, erläutert Bauleiterin Antje Beyer. Die einstige Saftfabrik wird nach der Sanierung insgesamt 9 Wohneinheiten beherbergen, drei von ihnen sind bereits vermietet. Im Turmhaus entsteht eine großzügige Maisonettewohnung über die oberen beiden Etagen mit Blick zum Wasser. Schmitz erfreut sich an jedem Detail, verwendet Handstrich-Ziegelsteine, um die beiden Seitenflügel an die bestehende historische Hoffassade aus Glindower Ziegeln anzugleichen. Eine außergewöhnliche „Zugabe“ ist der lebensgroße Arbeiter, der bereits am rechten Seitenflügel seinen Stammplatz bezogen hat. Die Figur aus dem Jahr 1928 hatte Schmitz vor einiger Zeit in Dresden entdeckt. Sie schmückte dort das Werkstattgebäude einer Firma, die in den 30er Jahren am Autobahnbau beteiligt war. Schmitz rettete sie, als die Werkstatt abgerissen wurde und brachte sie auf Werders Insel. „Durchaus zeitgerecht“, wie der Architekt betont, denn das Haus, von dem aus der Autobahn-Arbeiter jetzt über den Innenhof wacht, stamme ebenfalls aus den 30er Jahren. Ähnlich wie die einstige Saftfabrik ist auch das Bäckereigebäude ein alter Industriebau, dem mit der Sanierung neuer Charme eingehaucht wird. Hier sollen in zwei Monaten die Bauarbeiten beginnen, geplant ist der Ausbau von acht Wohnungen mit einer Fläche von 70 bis 99 Quadratmetern. Alle bekommen eine Dachterrasse oder einen Gartenausgang. Von diesem schönen Anwesen würde sich Schmitz auch trennen, wie er betont, wenn sich ein gleichgesinnter Interessent und Inselliebhaber fände. Wer in das Haus zwischen den beiden einstigen Fabrikgebäuden zieht, steht bereits fest. Es gehört einer Familie aus Potsdam. Die Eheleute wollen nach Werder ziehen und das nächste Weihnachtsfest mit ihrem zweijährigen Sohn bereits auf der Insel verbringen. Der hofseitige dreieinhalb-geschossige Bau wird auf zwei Geschosse abgetragen und erhält eine Dachterrasse auf dem Anbau. Wo einst die Hallen der Backfarbrik standen, entsteht ein großzügiger Garten. Auch die Straßenfassade soll mit glasierten Glindower Formsteinen wieder zu einem Schmuckstück werden, erläutert Schmitz. Ende des Jahres, so hofft er, könnten alle wesentlichen Sanierungsarbeiten in „Klein Italien“ abgeschlossen sein. Ohne öffentliche Fördermittel aus dem Fonds für die Altstadtsanierung, so betont er, wäre dieses Projekt undenkbar gewesen, hätte es wohl noch viele Jahre eine leer stehende Brache direkt an der Straße zum Alten Rathaus gegeben. Dort verfolgt der 1. Beigeordnete Hartmut Schröder den Fortgang der Sanierungsarbeiten mit besonderem Interesse. „Schließlich bildet das Wohnensemble Mühlenstraße 10-14 in diesem Jahr den Schwerpunkt privater Bautätigkeit auf Werders Insel“, erklärt er. Insgesamt seien in Werders Altstadt jetzt etwa 100 von 380 Grundstücken saniert worden, bilanziert Ute Funk, die seit zehn Jahren für den Sanierungsträger in Werder arbeitet. Einen gewaltigen Wandel hat sie in dieser Zeit gesehen und mitgestaltet. An 163 Hauseigentümer wurden bis Frühjahr 2004 rund 9 Millionen Euro Fördermittel ausgereicht. So gibt es auf der Insel heute wieder viele wunderschöne Ecken und Straßenzüge, zu denen bald auch ein italienischer Mosaikstein gehören wird.
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