DasWAR“S: Jacob im Burgkeller
DasWAR“S Was Peter Könnicke nächste Woche für Pläne hat Nächste Woche fährt mein Sohn auf Klassenfahrt. Schon seit Tagen überlege ich, was meine Frau und ich mit der zeitlich begrenzten Freiheit anfangen sollen.
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DasWAR“S Was Peter Könnicke nächste Woche für Pläne hat Nächste Woche fährt mein Sohn auf Klassenfahrt. Schon seit Tagen überlege ich, was meine Frau und ich mit der zeitlich begrenzten Freiheit anfangen sollen. Schick Essen gehen vielleicht, und Kino. Ich fühl mich beinahe wie ein Jugendlicher, der nicht weiß, was er anziehen soll, wenn“s abends zur Disko geht. Oh Gott, was ist, wenn meine Frau tanzen gehen will? Erst vor ein paar Wochen war ich auf einer Revival-Party. Mein Freund Jürgen arbeitete früher im Jugendklub auf der Belziger Burg Eisenhardt. Kurz nach der Wende wurde alles, was mit DDR-Staub bedeckt war, rausgetragen und entsorgt. Mit einem beherzten Griff rettete Jürgen eine Plastiktüte mit Filmen, die er in den Siebzigern mit einer Super-8-Kamera aufgenommen hatte. Jetzt hat er die Filme aus seinem Keller geholt, auf eine DVD überspielen lassen und zum Highlight einer Revival-Fete erklärt. Im Keller der Burg Eisenhardt standen an diesem Tag Mit- bis Endvierziger, DJ Jürgen legte Platten auf und es war wie früher: Keiner tanzte, Jürgen guckte besorgt und kramte in seinem CD-Koffer und der Barkeeper machte fett Umsatz. Dann kam der Film. Ein Flashback in Schwarz-weiß. Szenen einer Jugend, die mit Vorliebe einen Kamm in den Gesäßtaschen ihrer Jeans trug und beim Mopedfahren Helme trug, die heute teurer Kult sind. Jürgen beamte „Geile Zeiten“ an die Kellerwand und vor mir streichelte ein Mann seine Glatze als er sich vorn als langhaarigen Teenager erkannte. In setzte mich neben das DJ-Pult und begann im Klubtagebuch des Jahres 1975 zu blättern. Darin fand ich eine aufschlussreiche Abhandlung zur der Frage: „Was ist eine Diskothek?“. Im herkömmlichen Sinn verstehe man darunter eine Plattensammlung. „Wie oft angenommen“, so das Klubtagebuch, „hat Disko nichts mit diskutieren zu tun. Allerdings ist es wünschenswert, bei Diskothekenveranstaltungen auch zu diskutieren.“ In den letzten Jahren hätte sich der Sinn der Diskothek verändert, zur Plattensammlung kamen Abspielgeräte und eine Person, die die Platten auflegt und kommentiert: der Diskjockey. Jockey bedeute dabei im ursprünglichen englischen Sinn kleiner Jacob. Klingt ja fast wie Jürgen. Wenn das kein Revival war. Als ich ging, kniete der Kahlköpfige auf dem Boden und schrie „We will rock you!“ Meiner Frau werde ich vorschlagen, nächste Woche mal richtig schön Disko zu machen: Abends Soljanka kochen, unsere CD-Sammlung sortieren und über die Tagesschau diskutieren.
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