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Potsdam-Mittelmark: Juristischer Sieg für Wassersportbranche

Auch gewerbliche Stege brauchen keine Baugenehmigung. OVG widerspricht Bauaufsicht in Teltow

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Potsdam / Schwielowsee - Für Bootsschulen, Marinen und Bootsverleihe steht der Saison 2013 – zumindest aus rechtlicher Sicht – nichts mehr entgegen. Für gewerbliche Stege werden auch in Zukunft keine Baugenehmigungen benötigt. Ein entsprechende Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dessen Text am Donnerstag veröffentlicht wurde, dürfte die Wassersportbranche aufatmen lassen. Denn einige Unternehmer der Region mussten fürchten, ihr Gewerbe aufgeben zu müssen.

Der Unternehmer Günter Matz aus Ferch hat sich stellvertretend für alle erfolgreich gegen einen Beschluss des Potsdamer Verwaltungsgerichts durchgesetzt: Als Eigentümer der Marina Ferch hatte Matz im Mai 2012 von der Bauaufsicht in Teltow eine Nutzungsuntersagung für seine Steganlage mit 40 Liegeplätzen bekommen – weil er keinen Bauantrag dafür gestellt hatte. Zu Recht, wie das Verwaltungsgericht noch befand.

Aus der Bauaufsicht des Landkreises wurden danach ähnliche Fälle bekannt – auch vom Ärger, der mit einem angeblich erforderlichen Bauantragsverfahren verbunden ist. So hatte Andreas Bothe von Bothe-Wassersport in Caputh einen Bauantrag für eine Stegerweiterung gestellt. Daraufhin wurde ihm nicht nur die Erweiterung versagt, sondern auch der schon bestehende Steg infrage gestellt, weil es keine Baugenehmigung dafür gab. Eine wasserrechtliche Genehmigung von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und Erlaubnisse der Unteren Wasserbehörde und der Naturschutzbehörde hatte Bothe – wie üblicherweise auch andere gewerbliche Stegbetreiber – vorzuliegen.

Ende letzten Jahres hatte sich der Wirtschaftsverband Wassersport Berlin-Brandenburg gegen die offenbar nur in Potsdam-Mittelmark bestehende Genehmigungspraxis gewandt (PNN berichteten). Verwunderung gab es, weil die Bauaufsicht noch vor wenigen Jahren Bauanträge für Steganlagen mit dem Vermerk „nicht baugenehmigungspflichtig“ an die Antragsteller zurückgesandt hatte. Das Oberverwaltungsgericht stellte nun im Leitsatz seines Urteils klar: „Die Errichtung und Änderung von der Freizeitgestaltung dienenden Stegen in Gewässern bedarf keiner Baugenehmigung.“ Im Urteil wird auf einen gleichlautende Paragrafen der Brandenburgischen Bauordnung verwiesen. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Der Annahme des Verwaltungsgericht, dass mit dem Begriff „Freizeitgestaltung“ nur kleinere und untergeordnete Steganlagen gemeint sind, konnte der 2. Senat nicht folgen. Einen Unterschied mache die Bauordnung lediglich bei Schiffsanlegern. Auch die Differenzierung, die die Bauaufsicht zwischen gewerblichen und nicht gewerblichen Steganlagen vornehmen wollte, konnten die OVG-Richter nicht nachvollziehen: So könnten Steganlagen von Vereinen eine ähnliche Größe erreichen und vergleichbare Fragen aufwerfen wie Stege von Wassersportunternehmen.

„Die Branche hat endlich Rechtssicherheit und weiß, woran sie ist“, kommentierte Kläger Günter Matz das Berufungsurteil gegenüber den PNN. „Das ist nicht nur gut für Ferch und die Gemeinde Schwielowsee, sondern für das ganze Land Brandenburg.“ Matz hatte sich ein ganzes Jahr mit dem Rechtsstreit befasst und mehrere Expertisen eingeholt, unter anderem vom bekannten Verwaltungsrechtler Christian W. Otto, Autor eines bekannten Praxiskommentars zur Brandenburgischen Bauordnung. Auch der hatte erklärt, dass Steganlagen eine strompolizeiliche und keine baupolizeiliche Angelegenheit seien.

Währenddessen hatte das brandenburgische Infrastrukturministerium nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes die Unteren Bauaufsichtsbehörden aller Landkreise angewiesen, „zunächst von einer Baugenehmigungspflicht von gewerblich genutzten Bootssteganlagen“ auszugehen, wie es noch am 7. März in einem Brief von Minister Jörg Vogelsänger (SPD) an die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche (CDU) hieß. Sie hatte die Landesregierung vor der Verunsicherung in der Branche gewarnt und um Auskunft gebeten. Vogelsänger antwortete, dass Fragen der Standsicherheit, der ausreichenden Erschließung oder des Nachbarschutzes nur bauordnungsrechtlich geprüft werden können. Das ist durch das Oberverwaltungsgericht widerlegt.

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