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Von Thomas Lähns: Kaffee am Schmiedefeuer

Beelitzer Schmiedehof wird weiter zum Kulturzentrum entwickelt / Sommertheater auch im Jahr 2009

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Beelitz - Alles hat seinen festen Platz in der Werkstatt von Hans-Joachim Graatz: Griffbereit hängen die Werkzeuge an der Wand, so wie er sie hier zuletzt angeordnet hat. Das Schmiedefeuer knistert gemütlich und neben der großen Schiebetür steht nach wie vor die historische Stauchmaschine für Wagenräder. Im hinteren Bereich der Werkstatt hängt eine Bohrmaschine: „Die hatte mein Großvater 1912 zur Hochzeit geschenkt bekommen, damals, als der Strom nach Beelitz kam“, berichtet der Meister. Der letzte Hammer fiel hier vor gut zwei Jahren: da hatte sich Hans-Joachim Graatz als letzter aktiver Schmied der Spargelstadt aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand verabschiedet – und das Familienanwesen verkauft.

Übernommen hat den Hof der Beelitzer Optiker, Ortsbürgermeister und Kulturförderer Bernhard Knuth. Er saniert das Objekt zurzeit und baut es zu einem Kulturzentrum mit Café, Bühne, Galerien und Veranstaltungsräumen aus. Im Rahmen des Adventskalenders der AG Städte mit historischem Stadtkern öffnete er gestern die Türen für die Bürger. Auch heute kann man noch einmal vorbeischauen.

Die beiden Läden im Hauptgebäude sind bereits saniert worden, in einem davon verkauft Knuth seine Sehhilfen. Den Rest des Hauses hat er entkernt, auf dem Hof das historische Pflaster wieder freigelegt. Ab Frühjahr sollen die Fenster eingesetzt sowie das Dach und die Außenfassade saniert werden. Zur Spargelsaison will er mit diesem Abschnitt fertig sein, denn dann soll hier wieder das kulturelle Leben im Rahmen des „Sommertheaters“ pulsieren: Kabarett-, Lese- und Musikabende sind geplant, Stars wie Angelika Mann und Achim Menzel hat Knuth bereits gewinnen können. „Wir haben außerdem Anfragen für große Feiern, Hochzeiten und Geburtstage“, berichtet er. Ab kommendem Herbst sollen dann die Nebengebäude saniert werden. Für die Sanierung kann Knuth auf Geld aus der Städtebauförderung setzen, die von Bund, Land und Stadt bezuschusst wird, allerdings nur für die Außenhülle.

Der Beelitzer Bürgermeister Thomas Wardin (SPD) ist zuversichtlich, dass der alte Schmiedehof zum kulturellen Herzen seiner Spargelstadt wird. „Mit Herrn Knuth haben wir die Gewähr, dass es funktioniert.“ Immerhin habe es Knuth bislang immer wieder geschafft, namhafte Stars an die Nieplitz zu holen, unter anderem Johannes Heesters, Brigitte Mira oder Katja Ebstein. „Und ich freue mich, dass wir wieder ein Altstadt-Café haben“, so Wardin.

Die Schmiede von Hans-Joachim Graatz soll als Teil des Cafés im Wesentlichen erhalten bleiben. Das habe ihm den Verkauf leichter gemacht, erzählt Graatz. Bernhard Knuth sei ihm sympathisch gewesen, „weil er noch mehr an den alten Sachen hängt als ich“. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden hier von ihm und seinen Vorfahren, angefangen beim Urgroßvater, Pferde beschlagen, Wagen repariert und Ackergeräte instand gehalten. Hans-Joachim Graatz selbst hatte seine Lehre Mitte der 1950er Jahre bei seinem Vater absolviert, arbeitete danach in der LPG-Werkstatt, zu welcher der Betrieb umfunktioniert worden war. Kurz nach der Wende hatte Graatz sich selbstständig gemacht. Er kann immer noch herkommen, wenn er möchte, um in Erinnerungen zu schwelgen. Denn den Schlüssel zu seiner Werkstatt darf der Meister behalten – auf Lebenszeit.

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