Potsdam-Mittelmark: Kahlfraß im Gänsemarsch
Der Eichenprozessionsspinner wird für das Waldgebiet zwischen Caputh und Ferch zur ernsten Gefahr
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Schwielowsee - Raupen, die im Gänsemarsch über die Rinde spazieren, weiße Gespinste in den Bäumen, abgefressenes Laub: Seit acht Jahren breitet sich der Eichenprozessionsspinner immer stärker im Land Brandenburg aus. Im vergangenen Jahr fraßen die Raupen im Gadower Wald in der Ost-Prignitz 30 Hektar Eichenbestand kahl. Auch im havelländischen Friesack gibt es jetzt Probleme. Und nach einer Fresstour bei Falkensee musste der Schädling dort im vorigen Jahr mit Pestiziden bekämpft werden. Mehrere Jahre ohne Blätter können das Aus für eine Eiche bedeuten.
In diesem Jahr könnte die gefräßige Nachtfalter-Larve auch in Ferch Ärger machen: Im Revier Flottstelle, einem Waldbereich zwischen Ferch, Caputh und der A 10, war die bis zu fünf Zentimeter lange Raupe schon im Frühjahr 2009 verstärkt aufgetreten, 30 Hektar Wald waren stark befallen. Vorsorglich hat die Oberförsterei die Eichenbestände im Januar näher untersucht: Aus dem Kronenbereich wurden mittels Hebebühne Äste herausgeschnitten und an das „Landeskompetenzzentrum Forst“ in Eberswalde geschickt. Das Ergebnis sei nicht eben beruhigend gewesen, so der Leiter der Oberförsterei, Holger Hendtke: Im Labor wurden die Eier zum Schlüpfen gebracht – mit einer 100-prozentigen Erfolgsquote. Dank Parasiten, Feuchtigkeit und Pilzen gibt es gemeinhin eine erhebliche Ausfallrate, nicht so in diesem Jahr. Die überwinternden Insektenstadien – Eier, Larven, Puppen und erwachsene Raupen – kommen mit Schnee und Frost besser zurecht als mit feuchtwarmem Wetter, heißt es aus Eberswalde.
Hendtke hofft nun noch auf den Appetit von Wanzen und Singvögeln und einen feuchten April: Nasskalte Witterung kann zum Absterben der Brut führen. „Aber dass der Fraß in diesem Jahr zunehmen wird, davon muss man wohl ausgehen“, so Hendtke gegenüber den PNN. Von Kahlfraß will er lieber noch nicht reden, „das wäre der schlimmste Fall“.
In einem solchen Ernstfall gäbe es kaum einen Ausweg: Das biologische Schädlingsbekämpfungsmittel Dimilin, dass andernorts gegen den „Thaumetopoea processionea“ zum Einsatz gekommen ist, kommt für das Revier Flottstelle nicht infrage. Für die Schädlingsbekämpfung vom Hubschrauber oder Flugzeug sind Mindestabstände von 100 Metern zu Straßen und Naturschutzgebieten einzuhalten. In Ferch gibt es die größten Probleme mit den hungrigen Larven aber ausgerechnet im Autobahnbereich und am Schwielowseeufer, dass den europäischen FFH-Schutzstatus besitzt.
Warum die iberische Raupe sich ausgerechnet in den Randbereichen des Waldes so wohl fühlt, erklärt Hendkte mit deren Sonnenliebe. „Mitten im Wald gibt es nicht so viel davon.“ Eichenprozessionsspinner schädigen nicht nur Bäume – ihre umherfliegenden Brennhaare können bei Menschen Allergien auslösen, wie sie von Zecken, Wespen oder Ameisen verursacht werden. Sie brechen leicht und können vom Wind davongetragen werden. Auch alte Gespinstnester sind eine Gefahr, da alte Larvenhäute nach der Häutung zurückbleiben. Henry Klix
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